Das Protein TRPM7 ist ein wichtiger Faktor für die Regulation des Magnesiumhaushalts in den Megakaryozyten und somit auch für Blutplättchenbildung. Bei Blutgerinnungsstörungen durch einen TRPM7-Gendefekt könnte Magnesium wirkungsvoll Abhilfe schaffen.
Thrombozyten entstehen im Knochenmark kontinuierlich aus Megakaryozyten. Die molekularbiologische Regulierung dieses Zytoskelett-gesteuerten Prozesses konnte bislang nicht vollständig entschlüsselt werden. Die Wissenschaftler des Rudolf-Virchow-Zentrums und des Klinikums der Universität Würzburg lieferten erstmals mehrere unabhängige Beweise dafür, dass TRPM7 (Transient receptor potential melastatin-like 7) den Magnesiumhaushalt in den Megakaryozyten regelt.
Manipulierten die Forscher die Kanalfunktion von TRPM7 in den Megakaryozyten von Mäusen, beschädigte das das Zytoskelett. Sie waren damit funktionsunfähig. Patientenproben bei denen dann eine TRPM7 Kanalfunktionsstörung identifiziert wurde, hatten nur wenig Magnesium (Mg2+) in den Blutplättchen. Die Blutplättchen zeigten eine ungewöhnliche Größe und Form, eine abnormale Struktur und übermäßig viele Vakuolen. Die Zugabe von Magnesium zu Blutplättchen von Mäusen oder Patienten konnte diesen Defekt im Reagenzglas komplett wiederherstellen. Mikroskopaufnahme (Immunfluoreszenz) eines Megakaryozyten im Prozess der Thrombopoese. Lange Ausläufer (Proplatelets) sind durch ein hoch strukturiertes Zellskelett aus Mikrotubuli (grün) und Aktinfilamenten (rot) charakterisiert. Die kugelförmigen Verdickungen, welche wie Perlen auf einer Kette aussehen, repräsentieren unreife Blutplättchen, welche von den proplatelets freigesetzt werden. Die DNA im Zellkern ist blau eingefärbt. Messbalken, 10 µm. © AG Nieswandt Die Studie weist darauf hin, dass bei der Diagnostik eines gestörten Magnesiumhaushalts besonders auf die Anzahl und Größe der Blutplättchen geachtet werden sollte, da ein Blutplättchenmangel vorliegen könnte. „Liegt auch ein TRPM7-Gendefekt vor, könnte die Verabreichung von Magnesium als relativ sichere therapeutische Intervention eingesetzt werden“, hofft der Leiter der Studie, Dr. Attila Braun. Die Behandlung wäre kostengünstig und hätte relativ geringe Nebenwirkungen. Es wurden weitere Studien in Tiermodellen und Patienten (mit veränderter Kanalfunktion von TRPM7) initiiert, um die Wirksamkeit und Sicherheit von Magnesium als medizinisches Präparat bei dieser Krankheit zu beurteilen. Besonders positiv bewerten die Forscher die direkte Korrelation von Maus- und Patientendaten. Blutplättchen von gesunden Menschen besitzen ein streng organisiertes Aktin-Zellskelett (rot), das von einem Ring aus sogenannten Mikrotubuli (grün) umrandet wird. Bei Patienten mit einem Defekt im TRPM7 Kanal sind die Blutplättchen vergrößert und die Organisation des Mikrotubuli-Rings ist stark verändert (mitte). Diese Veränderungen können durch Zugabe von Magnesium normalisiert werden, was einen guten Ansatzpunkt für eine mögliche Therapie bietet. © AG Nieswandt Originalpublikation: Defects in TRPM7 channel function deregulate thrombopoiesis through altered cellular Mg2+ homeostasis and cytoskeletal architecture. Simon Stritt et al.; Nature Communications, doi: 10.1038/ncomms11097; 2016