Um genetische Variationen des Schimmelpilzes Aspergillus niger herzustellen, lässt sich das mobile genetische Element Tan/Vader nutzen. Das eigentlich inaktive Element unterdrückt Mutationen. Durch Zugabe von Doxycyclin schaltet es sich ein und produziert gezielt Mutanten.
Um die genetischen Mechanismen zu erkunden, die Aufschluss über das mögliche Anwendungsspektrum von Schimmelpilzen und ihrer Stoffwechselprodukte geben können, hat ein Forschungsteam der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel nun ein neues Verfahren entwickelt. Es erlaubt die schnelle Erzeugung einer großen Anzahl genetisch unterschiedlicher Varianten des Schimmelpilzes Aspergillus niger und die anschließende Fixierung der gewonnen genetischen Eigenschaften.
Die biotechnologische Forschung bedient sich Mutanten, um die Funktionen bestimmter Gene bestimmen zu können. Wissenschaftler bezeichnen dies als funktionale Genomik. Dazu kommt unter anderem ein Verfahren zum Einsatz, das als zufällige Mutagenese bezeichnet wird. Es setzt genetische Informationen neu zusammen und erzeugt damit unterschiedliche Klone eines Organismus. Die Analyse ihrer voneinander abweichenden Eigenschaften lässt dann Rückschlüsse auf die Wirkung spezifischer Gene zu. In diesem Zusammenhang widmete sich das Forschungsteam einem bestimmten in der Forschung häufig verwendeten Stamm des Schimmelpilzes Aspergillus niger. Er ist dadurch gekennzeichnet, dass ein an der Entstehung von Mutationen beteiligtes mobiles genetisches Element mit der Bezeichnung Tan/Vader bei ihm dauerhaft funktionsunfähig ist und deshalb keine Mutationen erzeugen kann. Experimentell gelang es den Forschern nun, eine ein- und ausschaltbare Variante dieses mobilen Elementes in Aspergillus niger einzubringen. Durch die Zugabe eines antibiotischen Stoffes Doxycyclin lässt sich Tan/Vader einschalten und erzeugt dann Mutanten. Ließen die Forscher die Substanz wieder weg, folgte die erneute Inaktivierung des mobilen Elementes.
Das An- und Abschalten des mobilen Elementes Tan/Vader ermöglicht es damit, entweder schnell und zufällig mutierende oder aber genetisch stabile Stämme des Pilzes zu erzeugen. Das Verhalten der Pilzstämme bezüglich ihrer Neigung zur Mutation lässt sich damit exakt steuern. „Das neue Verfahren erlaubt es uns, in kurzer Zeit ein großes Arsenal an modifizierten Schimmelpilzen zu erzeugen um ihre Eigenschaften anschließend zu untersuchen. Diese Erkenntnis ist von großer Bedeutung für die Erforschung des genetischen Repertoires von Aspergillus niger im Hinblick auf sein biotechnologisches Potenzial“, ordnet Kempken die Tragweite ein. Je mehr Doxycyclin man zugibt, desto aktiver wird das mobile genetische Element und damit steigt die Zahl der mutierten Kolonien. © Prof. Frank Kempken Fadenpilze wie Aspergillus niger werden vor allem wegen ihrer Fähigkeit komplexe Enzyme zu bilden in der Biotechnologie ausgiebig erforscht. Solche Enzyme bilden die Grundlage verschiedenster Anwendungen, zum Beispiel in der Lebensmittelproduktion oder der Entwicklung neuer Medikamente. Die aktuellen Erkenntnisse geben der Wissenschaft ein neues Werkzeug in die Hand, das diese Erkundung künftig erleichtern wird. Originalpublikation: An inducible tool for random mutagenesis in Aspergillus niger based on the transposon Vader. Linda Paun et al.; Applied genetics and molecular biotechnology, doi: 10.1007/s00253-016-7438-3; 2016