Kinder von älteren Müttern sind gesünder, größer und erhalten eine bessere Ausbildung als der Nachwuchs von jüngeren Müttern. Die biologischen Risiken, die mit einer späten Schwangerschaft einhergehen, werden durch die Vorteile eines späteren Geburtsjahres kompensiert.
Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Gesundheitsrisiken von Kindern mit dem Alter ihrer Mütter steigen: Je später eine Frau schwanger wird, desto größer ist beispielsweise die Gefahr, dass das Kind mit einem Down-Syndrom geboren wird oder später im Leben an Alzheimer, Bluthochdruck oder Diabetes erkrankt. Doch trotz dieser Risiken profitieren Kinder spätgebärender Mütter. Das belegt eine Studie von Mikko Myrskylä, Direktor am Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock, und Kieron Barclay von der London School of Economics.
Das Gesundheitswesen und die sozialen Verhältnisse haben sich in der Vergangenheit in vielen Ländern verbessert. Bisherige Studien, die den Einfluss des mütterlichen Alters auf die Gesundheit ihrer Kinder untersucht hatten, ließen derartige Entwicklungen außer Acht, obwohl sie für die einzelne Mutter und ihren Nachwuchs von großer Bedeutung sind. Denn aus der Perspektive einer einzelnen Mutter bedeutet eine späte Schwangerschaft auch ein späteres Geburtsjahr ihres Kindes. Bekommt eine Frau ihr Baby beispielsweise zehn Jahre später, ist dieser Aufschub des Mutterwerdens von einem Jahrzehnt begleitet, in dem sich die gesundheitlichen und sozialen Bedingungen, unter denen das Kind groß wird, verändert haben.
Die neue Studie hat diese Entwicklungen berücksichtigt und kommt so zu dem Schluss, dass die Kinder älterer Mütter gesünder, größer und gebildeter sind. Die Ergebnisse der Forscher zeigen, dass die biologischen Risiken, die mit einer späten Schwangerschaft einhergehen, von den positiven Veränderungen der äußeren Einflüsse in dem entsprechenden Zeitraum mehr als kompensiert werden. Eine Frau, die beispielsweise im Jahr 1950 geboren wurde und im Alter von 20 Jahren ein Kind bekommt, bringt dieses 1970 zur Welt. Bekäme die gleiche Frau ihr Kind erst mit 40 Jahren, würde dieses im Jahr 1990 geboren. „Diese zwanzig Jahre machen einen enormen Unterschied aus“, sagt Mikko Myrskylä. Ein Kind, das im Jahr 1990 geboren wurde, besuche beispielsweise mit viel größerer Wahrscheinlichkeit eine Hochschule als eines, das 20 Jahre früher zur Welt gekommen ist. In ihrer Studie analysierten die Wissenschaftler die Daten von mehr als 1,5 Millionen Frauen und Männern aus Schweden, die zwischen 1960 und 1991 geboren wurden. Die Wissenschaftler untersuchten die Größe dieser Menschen, ihre körperliche Fitness, ihre Schulabschlüsse und ihren Bildungsstand. Die Faktoren Größe und körperliche Fitness untersuchten sie, weil diese gute Indikatoren für den allgemeinen Gesundheitszustand sind, während der Bildungsgrad entscheidend für den beruflichen Erfolg und den sozioökonomischen Status ist.
Die Forscher fanden heraus, dass die Kinder älterer Mütter größer waren, bessere Schulleistungen erzielten und mit einer höheren Wahrscheinlichkeit eine Universität besuchten als die Kinder jüngerer Mütter. Das galt selbst dann, wenn die Mütter bei der Geburt des Kindes bereits 40 Jahre alt oder noch älter waren. Verglichen die Wissenschaftler beispielsweise Geschwister mit einem großen Altersabstand, so stellte sich heraus, dass Kinder, deren Mutter bei der Geburt Anfang 40 gewesen war, im Schnitt etwa ein Jahr länger eine Schule oder Universität besuchten als Geschwister, bei deren Geburt die Mutter erst Anfang 20 gewesen war. In ihrer statistischen Analyse verglichen die Forscher auch die Daten von Geschwistern mit den gleichen biologischen Eltern. Das Erbgut solcher Geschwisterkinder ist zu 50 Prozent gleich und außerdem wachsen sie in derselben familiären Umgebung auf. „Indem wir Geschwister miteinander verglichen, die in der gleichen Familie groß wurden, war es uns möglich, die Bedeutung des mütterlichen Alters bei der Geburt eines Kindes herauszustellen – unabhängig von anderen Faktoren, die die Ergebnisse verfälschen könnten“, sagt Kieron Barclay.
„Die Vorteile, die sich aus einem späteren Geburtsjahr ergeben, überwiegen die individuellen Risikofaktoren eines höheren Alters der Mutter bei der Geburt“, so Mikko Myrskylä. Man müsse eine andere Sichtweise auf das fortgeschrittene Alter von Müttern entwickeln: „Werdenden Eltern ist fast immer bewusst, welche Risiken mit einer späten Schwangerschaft einhergehen – die positiven Effekte kennen sie hingegen kaum.“ Originalpublikation: Advanced Maternal Age and Offspring Outcomes: Reproductive Aging and Counterbalancing Period Trends Kieron Barclay et al.; Population and Development Review, doi: 10.1111/j.1728-4457.2016.00105.x; 2016