Auch im letzten Jahr blieben Millionen Arzneimittel beim Zoll hängen. Hinter illegalen Importen stecken zunehmend größere kriminelle Strukturen. Behörden bleibt nur, Verbraucher zu warnen und ihre Ermittlungstätigkeit auszubauen.
Der Zoll sieht sich mit neuen Aufgaben konfrontiert. Mittlerweile geht es nicht nur um Steuereinnahmen oder um Plagiate aus der Modewelt. Immer häufiger geraten gefälschte beziehungsweise illegal eingeführte Arzneimittel in das Visier von Ermittlern. Im letzten Jahr wurden 3,9 Millionen Tabletten beschlagnahmt. Die Menge hat sich innerhalb von zwölf Monaten fast vervierfacht. Behördenvertreter leiteten Ermittlungsverfahren gegen 4.100 Personen ein. In 2014 waren es noch 3.100.
Dazu ein paar Details. Immer seltener handelt es sich um Einzelpersonen. Laut Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) deckt der Zoll zunehmend kriminelle Strukturen auf. Die Produkte werden meist über ausgedehnte Personennetzwerke anonym im Internet angeboten und vertrieben. Händler profitieren oft von größeren Gewinnspannen als beim Rauschgifthandel und zwar bei geringem Risiko. Sie operieren oft von Ländern außerhalb der Europäischen Union aus. Schäuble bleibt deshalb nur, Verbraucher zu warnen: „Ich empfehle jedem, Medikamente online nur aus nachweislich seriösen Quellen zu kaufen.“ Leichter gesagt als getan: Internetseiten werden professionell gestaltet, um Seriosität vorzutäuschen. Wie viele Konsumenten beispielsweise das EU-Sicherheitslogo richtig einordnen und tatsächlich Registereinträge überprüfen, ist unbekannt. Auch der Zoll informiert regelmäßig. Wissen ist aber nur die halbe Miete.
Kunden geht es oft nur um den Preis: Vermeintliche Markenprodukte werden günstig angeboten, stellen sich bei der Überprüfung oft als minderwertige Fälschungen heraus. Sie enthalten falsche Wirkstoffmengen, möglicherweise mit gefährlichen Beimengungen kombiniert. Hinzu kommt, dass selbst Originalprodukte, die in anderen Ländern ohne Rezept erhältlich sind, bei uns als Arzneimittel gelten können – Bußgelder oder strafrechtliche Konsequenzen inklusive. Eine neue Präparategruppe rückt mehr und mehr in den Fokus, Stichwort Doping.
Das hat folgenden Hintergrund: Am 18. Dezember 2015 trat das von langer Hand vorbereitete Anti-Doping-Gesetz in Kraft. Es verbietet nicht nur, Dopingmittel herzustellen, zu veräußern oder zu verschreiben. Vielmehr wurden Verstöße aus dem Arzneimittelgesetz in eine eigene Strafnorm überführt und damit verschärft. Zollkontrollen verhindern damit auch, dass Deutschland zum Umschlagplatz für Doping-Präparate wird – vorausgesetzt, der Zoll wird fündig. Wie hoch die Dunkelziffer tatsächlich ist, weiß niemand.