In der Schweiz wird Homöopathie zur Kassenleistung. Auch bei den Eidgenossen klafft die Schere zwischen evidenzbasierter und glaubensorientierter Therapie immer weiter auseinander. Experten aus Deutschland bewerten Globuli als „ethisch unverantwortlich“.
Evidenzbasierte Therapien gehören weltweit zum Standard, und Ärzte entscheiden anhand von Leitlinien, welche Pharmaka sie einsetzen. Umso mehr erstaunt ein komplett gegenläufiger Trend: Seit Inkrafttreten des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes im Jahr 2012 können Krankenversicherungen unter anderem homöopathische Präparate als freiwillige Leistung erstatten. Von dieser Möglichkeit machen viele Kassen Gebrauch.
Deutschland ist kein Einzelfall. Wie der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte jetzt berichtet, werden homöopathische und andere komplementärmedizinische Methoden bald zur Regelleistung der schweizerischen Krankenversicherung. Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) hat bereits grünes Licht für eine dauerhafte Lösung gegeben, die ab Mai 2017 greifen wird. Seit 2012 gelten befristete Regelungen für Leistungen der anthroposophischen Medizin, der traditionellen chinesischen Medizin, der Homöopathie und der Phytotherapie. Die Änderungen sind Ergebnis einer Volksabstimmung.
Patienten aus Deutschland stehen den Schweizern in nichts nach. Umfragen des Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) zufolge hatten 60 Prozent die Homöopathie bereits eingesetzt. Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte zitiert Daten aus dem Bertelsmann-Gesundheitsmonitor 2014. Bei mehr als 80 Prozent aller Patienten, die von homöopathischen Ärzten behandelt wurden, besserten sich das Allgemeinbefinden und die seelische Verfassung.
Diese Sichtweise teilt Professor Dr. Norbert Schmacke von der Universität Bremen nicht. Evidenzbasierte Therapie oder Homöopathie – hier werde „mit zweierlei Maß gemessen“. Bei Globuli & Co reiche es bereits aus, wenn deren Vertreter Präparate für ausreichend begründet hielten und eine entsprechende Nachfrage bestünde. „Derart unterschiedliche Maßstäbe im Vergleich zur so genannten Schulmedizin sind unter dem Gesichtspunkt des gesundheitlichen Verbraucherschutzes ethisch nicht verantwortbar“, sagt Schmacke. Patienten würden nicht darüber aufgeklärt, dass nach vorliegender wissenschaftlicher Evidenz der Nutzen ausschließlich auf Placeboeffekte zurückzuführen sei. Der Einsatz von Placebos unter falschen Heilversprechen sei illegitim.