Während die Zahl an HIV-Neuinfektionen relativ konstant bleibt, erkranken immer mehr Menschen an Syphilis – einer Infektion, die lange Zeit fast vergessen schien. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe versucht jetzt, massiv gegenzusteuern.
Seit fast 30 Jahren fördert die Bundesregierung HIV-Präventionsmaßnahmen. Auch die Forschung hat in dieser Zeit Großes erreicht. Antiretrovirale Therapien stehen Erkrankten seit den 1990er Jahren zur Verfügung. Von ihnen haben etwa 90 Prozent aller Behandelten so geringe Viruslasten, dass die Übertragung recht unwahrscheinlich ist. Neben diesen guten Nachrichten zeigt eine jetzt veröffentlichte Unterrichtung durch die Bundesregierung etliche Defizite auf.
Dazu gehören sexuell übertragbare Erkrankungen (STE) wie Syphilis. Im Jahr 2014 wurden rund 5.700 Syphilis-Infektionen gemeldet, während es in 2001 lediglich 2.000 Fälle waren. Wie Forscher des Robert-Koch-Instituts im Epidemiologischen Bulletin schreiben, lag die Syphilis-Inzidenz im Jahr 2014 bei 7,1 Fällen pro 100.000 Einwohner. Berlin (31,0) und Hamburg (19,7) sind die Spitzenreiter. Dann folgen mit Abstand Sachsen (7,2), Nordrhein-Westfalen (6,9), Bayern (6,8), das Saarland (6,3) und Mecklenburg-Vorpommern (6,1).
Erklärungen für die steigenden Fallzahlen liefern Regierungsvertreter in ihrem Bericht ebenfalls. Wie sie schreiben, könne sich prinzipiell jeder Mensch anstecken. Viele Sexualpartner, die eigene sexuelle Orientierung, Sexualpraktiken, psychische Instabilität sowie psychosoziale Faktoren hätten Einfluss auf das Risiko, sich zu infizieren. Zusätzlich erleichtern Dating-Portale die Kontaktaufnahme mit potenziellen Sexualpartnern. Und durch den Konsum von Crystal Meth, Speed oder ähnlichen aufputschenden Substanzen würden riskante Verhaltensweisen forciert. Ganz so einfach ist die Sache trotzdem nicht.
Bei vielen Bürgern ist der Kenntnisstand zu sexuell übertragbaren Erkrankungen mit Ausnahme von HIV eher gering. Viele kennen Angebote zur Beratung, Diagnostik und Therapie nicht. RKI-Wissenschaftler raten deshalb nicht nur zu mehr Informationen. Sie fordern speziell für Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), regelmäßige Screenings alle drei bis zwölf Monate. Neben HIV und Syphilis sollten Bürger auch auf Chlamydien- und Gonokokken-Infektionen getestet werden. Jetzt hat das Bundeskabinett ein Strategiepapier verabschiedet. Unter dem Titel „BIS 2030 - Bedarfsorientiert, Integriert, Sektorübergreifend“ planen alle Beteiligte, Wissen zu vermitteln, aber auch passgenaue Präventions- und Versorgungsangebote bereitzustellen.