Für Patienten mit einer koronaren Herzkrankheit kann das Fliegen ein Risiko darstellen. Vor jedem Flug sollten Betroffene ihre Reisetauglichkeit und die Leistungsfähigkeit ihres Herzens bestimmen lassen. Die Deutsche Herzstiftung hat nun Hinweise und Tipps zum Fliegen veröffentlicht.
Rund 6 Millionen Menschen in Deutschland leiden an einer koronaren Herzkrankheit. Jährlich werden bundesweit bei KHK-Patienten, z. B. nach einem Herzinfarkt, über 320.000 Stents eingebracht und über 53.000 Bypass-Operationen durchgeführt. Viele der Betroffenen planen eine Reise und verzichten nur ungerne auf das Fliegen. Flugreisen führen aber wegen der veränderten Atmosphäre in der Druckkabine zu zusätzlichen Belastungen für das Herz-Kreislauf-System, die Herzpatienten kennen müssen. „Herzpatienten dürfen in der Regel fliegen. Letztlich entscheidend für die Flugreise eines Patienten mit KHK oder Herzschwäche ist die Leistungsfähigkeit des Herzens. Um Komplikationen über den Wolken zu vermeiden, sollten Betroffene deshalb noch vor der Reiseplanung ihre Flugreisetauglichkeit vom Kardiologen bestimmen lassen“, unterstreicht Prof. Dr. med. Wolfgang Schöls, Leiter des Herzzentrums Duisburg. So führt etwa der leichte Sauerstoffmangel eines Passagierjets auf Reiseflughöhe zum Anstieg von Herzfrequenz, Blutdruck und zu erhöhtem Sauerstoffverbrauch des Herzens. „Das können Betroffene mit KHK oder Herzschwäche nicht ohne weiteres kompensieren.“
Nach einem Herzinfarkt hängt die Flugreisetauglichkeit u. a. von der Infarktgröße ab. Kardiologen unterscheiden zwischen niedrigem, mittlerem und hohem Risiko. Bei niedrigem Risiko kann ca. fünf bis acht Tage nach einem kleinen Infarkt geflogen werden. „Auf Langstreckenflüge sollte jedoch auch bei niedrigem Risiko verzichtet werden“, betont Schöls. Niedriges Risiko bedeutet u. a.: Alter unter 65, erster Herzinfarkt, erfolgreiche Gefäßwiedereröffnung, Auswurffraktion des Herzens über 45 % und keine Komplikationen. Wie es um die Flugtauglichkeit bei Infarktpatienten mit mittlerem oder hohem Risiko steht und unter welchen Voraussetzungen KHK-Betroffene nach einer Stent-Therapie, Katheteruntersuchung oder Bypassoperation fliegen dürfen, ist dem Experten-Beitrag der Herzstiftung zu entnehmen. Betroffene mit Herzschwäche sollten vor Reiseantritt Ursache und Schweregrad der Herzschwäche (nach der NYHA-Klassifikation) bestimmen lassen. Bei chronisch stabiler Herzschwäche bis NYHA-Stufe II (belastbar bis 75 Watt) besteht volle Flugreisetauglichkeit bei einer Reisedauer von bis zu sieben Stunden. „Jede Verschlechterung der Symptome wie Atemnot, Gewichtszunahme wegen Wassereinlagerung, Erschöpfung, Herzenge oder Rhythmusstörungen in den letzten vier Wochen macht fluguntauglich“, erläutert Schöls. „Nach akutem Linksherzversagen sollte bis zu sechs Wochen mit dem Fliegen gewartet werden.“
Betroffene mit Herzschwäche sollten ihre Wassereinlagerungen kennen und am besten einen Gangplatz nahe der Toilette buchen, da sie häufig Diuretika einnehmen und der Harndrang durch den leichten Sauerstoffmangel verstärkt wird. Ein Problem, das Kranke wie Gesunde betrifft, ist die Venenthrombose, die bis zu acht Wochen nach einer Flugreise mit oder ohne Lungenembolie auftreten kann. Bei Flügen unter vier Stunden ist das Risiko gering. Bei einer Flugdauer von acht Stunden aber tritt eine Venenthrombose häufiger auf (bei einem von 200 Passagieren). Jeder Flugreisende sollte wissen, ob ein erhöhtes Thromboserisiko besteht und wie eine Thrombose entsteht um sich mit einfachen Vorsichtsmaßnahmen zu schützen. Originalpublikation: Flugreisen – auch bei koronarer Herzkrankheit (KHK) und Herzschwäche Dr. Ilse Janicke und Prof. Dr. Wolfgang Schöls; 2016