Ab Juli 2019 sollen Kinder bereits ab dem sechsten Lebensmonat zum Zahnarzt gehen können. Das hat der G-BA am Donnerstag beschlossen. Mit der neuen Strategie soll frühkindliche Karies reduziert werden. Kritiker sagen: Die Neuregelungen verfehlen die Zielgruppe. Kleinkinder haben künftig Anspruch auf drei zusätzliche Früherkennungsuntersuchungen beim Zahnarzt. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Donnerstag in der Neufassung der Richtlinie zur zahnärztlichen Früherkennung bei Kindern festgelegt. Mit der neuen Strategie will der G-BA das Auftreten frühkindlicher Karies reduzieren.
Konkret heißt das: Für Kinder kann der erste Termin beim Zahnarzt künftig schon ab dem 6. Lebensmonat vereinbart werden. Bislang war der erste Besuch ab dem 3. Lebensjahr vorgesehen. Der Beschluss wird nun dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt und tritt frühestens ab dem 1. Juli 2019 in Kraft.
Neue Leistungen im Überblick
Das sind die drei wichtigsten Änderungen:
- Zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen können zukünftig bereits ab dem 6. Lebensmonat wahrgenommen werden. Zwischen dem 6. und 34. Lebensmonat besteht nun ein neuer Anspruch auf drei Früherkennungsuntersuchungen. Diese sind zeitlich auf die U-Untersuchungen abgestimmt. Kinder zwischen dem 34. Lebensmonat und dem vollendeten 6. Lebensjahr haben weiterhin unverändert Anspruch auf drei zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen.
- Zahnärzte sollen die Betreuungspersonen von Kindern vor dem 34. Lebensmonat auch über die Ursachen von Erkrankungen im Mund aufklären und in der Anamnese die Anwendung von Fluoridierungsmitteln wie Zahnpasta erfragen.
- Das Auftragen von Fluoridlack zur Zahnschmelzhärtung wird für Kinder zwischen dem 6. und 34. Lebensmonat Kassenleistung. Der neue Anspruch besteht zweimal je Kalenderhalbjahr, unabhängig davon, ob bei den Kindern eine (initial-)kariöse Läsion vorliegt. Kinder zwischen dem 34. Lebensmonat und dem vollendeten 6. Lebensjahr haben weiterhin unverändert Anspruch auf Fluoridierung bei hohem Kariesrisiko.
Zahnärzte begrüßen Vorschlag
Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) steht der Entscheidung des G-BA positiv gegenüber, wie aus einer Pressemitteilung hervorgeht. Seit Jahren fordern Zahnärzte eine bessere Versorgung von Kleinkindern von 0 bis 3 Jahren. „Wir sind froh, dass diese Präventionslücke endlich geschlossen wird“, so Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer. „Deutschlandweit sind etwa 15 Prozent der unter dreijährigen Kinder von Karies betroffen, besonders Kinder aus Familien in sozial schwierigen Lebenslagen leiden zu oft unter frühkindlicher Karies, auch Nuckelflaschenkaries genannt.”
Patientenvertretung: Zielgruppe verfehlt
Ursache für frühkindliche Karies ist häufig übermäßiges Trinken von zucker- und säurehaltigen Getränken, z.B. aus Saugflaschen in Kombination mit unzureichender Mundhygiene im frühen Kindesalter. Patientenvertreter stehen dem Vorschlag des G-BA kritisch gegenüber. Aus ihrer Sicht verfehlen die Neuregelungen die Zielgruppe, heißt es in einem Artikel. „Wir wissen, dass in einigen Familien mit besonderer Sozialstruktur Karies häufiger ist und zudem die Inanspruchnahme zahnärztlicher Vorsorgeuntersuchungen hier geringer ausfällt“, erklärte Raimund Geene, ständiger Patientenvertreter im Unterausschuss Methodenbewertung. Die Patientenvertretung fordert gezieltere Maßnahmen, um diese Gruppe zu erreichen. Da die Betreuungsquote von Kindern im Krippenalter steige, käme Kindertagesstätten eine zentrale Rolle zu.
Außerdem verwiesen Patientenverter darauf, dass Pädiater wegen der erfolgten Überarbeitungen der U-Untersuchungen Kindern bereits ab dem 6. Lebensmonat in den Mund schauen. „Der Ansatz über den Kinderarzt hat den Vorteil, dass hier eine hohe Inanspruchnahme gewährleistet ist. Damit erreichen wir auch diejenigen, die es insbesondere brauchen und die ohne Hinweise durch den Kinderarzt nicht in eine Zahnarztpraxis gehen“, sagt Geene. Die Neureglung stärke nicht die Zusammenarbeit zwischen Kinderärzten und Zahnärzten, sondern habe parallele Strukturen aus Vorsorgeuntersuchungen geschaffen.