Wir sind zu wenig Ärzte. Ich muss immer mehr Nachtdienste übernehmen. Mein Tag- und Nachtrhythmus ist dahin. Wenn ich schlafen soll, bin ich hellwach. Das hat Auswirkungen. Auch zu Hause werden meine Stimmungsschwankungen bemerkt.
Die Anzahl der Nachtdienste in letzter Zeit nimmt zu. Zu wenig Personal. Zu wenig gut ausgebildetes Personal. Wenig Ärzte, die die Nachtdienste überhaupt als eigenverantwortliche Vordergrunddienste besetzen können. Wir werden vertröstet, bald sollen die freien Stellen nachbesetzt werden. Abwarten und aushalten.
Ich bin gereizt
Im Umkehrschluss heißt es aktuell, dass wir noch weniger Zeit haben, die jungen Ärzte in die Dienste entsprechend einzuarbeiten. Der Schlafmangel macht sich bemerkbar. Kaum mehr ausreichende Ruhezeiten oder Möglichkeiten, seinen Rhythmus anzupassen, hat Auswirkungen. Ich bin gereizt. Der Zwerg zu Hause wird älter und bemerkt die Stimmungsschwankungen. Am Nachmittag nach den Diensten hänge ich auf der Couch und schlafe fast ein, während der Filzstift auf der Tapete und die Knete in meinen Haaren Platz findet. Abwarten und aushalten. Auch das geht vorbei.
Für abendliche Zubettgeh-Spielchen habe ich keine Geduld und bei den morgendlichen OP-Plan-Gerangeleien lächle ich nur noch müde, anstatt mitzustreiten. Einfach abwarten und aushalten. Alles halb so schlimm.
Ich bin hellwach
Mein Tag- und Nachtrhythmus ist dahin. Wenn ich schlafen soll, bin ich hell wach. Anscheinend geht es nicht nur mir so.
03.20 Uhr: Umknicktrauma des Sprunggelenks am Vorabend. Er ist 20 Jahre alt.
03.40 Uhr: Zerrung des Schultergürtels, 17 Jahre alt.
05.20 Uhr: Schmerzen beim tiefen Einatmen, 23 Jahre alt.
Das Umknicktrauma kommt um 06.30 Uhr wieder, weil es immer noch nicht besser ist. Ich hätte da eine Idee: Abwarten und Aushalten.
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