Die Strategie zur Früherkennung von Zervixkarzinomen hat sich geändert: Den PAP-Test gibt es für Frauen ab 35 Jahren nur noch alle drei Jahre. Dafür kommt mit dem HPV-Test eine Untersuchung hinzu, die bisher nicht Teil der regulären Vorsorge war. Was halten Gynäkologen davon?
Dauerhafte Infektionen mit dem Humanen Papillomavirus (HPV) gelten als zentrale Risikofaktoren bei der Entstehung von Zervixkarzinomen. An der Krebsart erkranken pro Jahr bundesweit etwa 4.700 Frauen, und 1.600 sterben daran. Als Regelversorgung kommt der PAP-Test zum Einsatz, um Zellveränderungen zu finden. Er bietet allerdings keine vollständige Sicherheit, da das Risiko besteht, dass Krebsvorstufen übersehen werden. Deshalb hat sich die Strategie bei den Regelungen zur Früherkennung geändert.
Seit Dezember 2017 gilt die neue S3-Leitlinie zur Früherkennung des Zervixkarzinoms. Ziel war es, die Prävention von Zervix-Ca neu zu bewerten. „Sie sieht vor, dass für die Prävention des Zervixkarzinoms neue medizinische Standards aufgesetzt werden, die mit den Vorgaben des Gemeinsamen-Bundesausschusses G-BA kongruent sind“, sagt der Saarbrückener Gynäkologe Klaus Joachim Neis. Er hat an der Endfassung der Leitlinie mitgearbeitet. Der G-BA hat vorgegeben, dass Frauen vom 21. bis zum 35. Lebensjahr weiterhin wie bisher jährlich einen Anspruch auf einen Abstrich vom Gebärmutterhals haben. „Neu ist, dass nun für Frauen nach dem 35. Lebensjahr nur noch alle drei Jahre eine Zytologie für das Erkennen eines Karzinoms angeboten wird“, so Gynäkologe Neis. Ab diesem Alter komme als weitere Diagnostik aber der HPV-Test zur Feststellung von HPV-Infektionen hinzu. Gynäkologen hoffen, so mehr Fälle früher zu entdecken.
Neis begründet dies folgendermaßen: Zwischen 21 und 35 würden sich Frauen häufig mit HPV infizieren. Die Lebensphase falle mit der Partnersuche zusammen. „In fast 95 Prozent der Fälle heilt eine HPV-Infektion innerhalb von spätestens zwei Jahren von allein aus.“ Damit gibt es auch kein erhöhtes Risiko, Zervix-Ca zu entwicklen. „Würde man in dieser Gruppe junger Frauen eine primäre HPV-Diagnostik durchführen, so wäre man gezwungen, auch bei vielen Frauen eine Abklärung herbeizuführen, bei denen keinerlei Maßnahmen notwendig sind.“ Klaus Joachim Neis ist langjähriger Gynäkologe und war an der Entwicklung der Leitlinie beteiligt. Anders sei es ab dem 35. Lebensjahr, sagt Neis: Hier seien neue Infektionen aufgrund der anderen Lebenssituation viel seltener. Viele Frauen leben in festen Partnerschaften. Damit erfasse ein Test vorwiegend persistierende Infektionen mit dem erhöhten Risiko, zervikale intraepitheliale Neoplasien (CIN) als Vorstufen eines Zervix-Ca zu entwickeln. Durch die simultane zytologische (PAP-Test) und virologische Diagnostik (HPV-Test) wird die Sensitivität erhöht. Koloskopische Untersuchungen folgen, sollte es einen Anfangsverdacht geben.
„Wir sind sehr froh, dass der G-BA so entschieden hat“, sagt der Gynäkologe. „In anderen Ländern wie etwa in den Niederlanden wird der HPV-Test bei Frauen jenseits des 50. Lebensjahrs nur alle zehn Jahre durchgeführt.“ Mt der Zytologie, wie sie in den letzten 45 Jahren in Deutschland durchgeführt worden sei, habe man eine Reduzierung der Fälle von invasiven Zervixkarzinomen um 75 Prozent erreicht, sagt Neis: „Ob wir mit der neuen Strategie diese Erfolge übertreffen, wissen wir heute noch nicht.“ Dennoch sei es sinnvoll, die HPV-Diagnostik in die Prävention des Gebärmutterhalskrebses zu integrieren: „Sie greift methodisch von einer anderen Seite in die Prävention ein, und es liegen mehrere Studien vor, die Hoffnung auf eine weitere Verbesserung geben.“ Um die Auswirkungen der neuen Leitlinie zu dokumentieren, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) das Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) damit beauftragt, das neue Prozedere zu überwachen und gegebenenfalls zu optimieren. „In sechs bis acht Jahren sollten dann genügend Informationen vorliegen, die es ermöglichen, das jetzige Vorgehen zu evaluieren und weiter zu optimieren“, sagt Neis.
Die HPV-Impfung ist nicht Thema der Leitlinie. Allerdings wünschten sich viele Gynäkologen schon lange eine organisierte Impfung. „In anderen Ländern wie etwa Australien hat sich gezeigt, dass über die Schulimpfung eine hohe Impfrate erreicht werden kann. Sie ist die Voraussetzung für eine Verringerung der zervikalen intraepithelialen Neoplasien und somit auch der Zahl der invasiven Zervixkarzinome“, berichtet Neis: „Um dieses Ziel in Deutschland zu erreichen, ist allerdings noch sehr viel Aufklärungsarbeit auf zahlreichen Ebenen notwendig.“ Dazu könnte die Cochrane Collaboration jetzt beitragen. In einer kürzlich veröffentlichten Review bewertet sie Impfungen als sicher und wirksam.