Wenn junge Menschen plötzlich sterben, nimmt mich das mit. Obwohl ich Ärztin bin. Kürzlich kam eine 20-jährige schwerverletzte Patientin zu uns. Es sah schlecht für sie aus. Beim Gespräch mit den Angehörigen spüre ich die Tränen in mir aufsteigen. Darf ich weinen?
Darf man als Arzt vor Patienten oder Angehörigen weinen? Ich verkneife es mir, denn ich bin der Meinung, dass ich nicht die Berechtigung habe auch zu weinen, wenn jemand stirbt. In meinem Beruf bin ich weder direkt betroffen noch eine Angehörige. Deswegen muss ich stark sein, auch wenn ich manchmal am liebsten mitheulen möchte.
Es gibt einige Krankheitsfälle, die tragisch verlaufen und mich nachdenklich stimmen. Wenn aber ein junger Mensch stirbt, noch dazu plötzlich, nimmt es mich wirklich mit.
20-jährige Schwerverletzte
Vor kurzem kam eine junge Frau zu uns, die einen schweren Autounfall erlitten hatte. Eigentlich war bei ihrer Ankunft schon klar, dass sie sehr schlechte Karten hatte. Das Schädel-CT war eine Katastrophe, komplett verstrichene Sulci und die Mittellinie war überall, nur nicht in der Medianen. Außerdem fiel die Leber auseinander. Stunde um Stunde verabreichten wir einen Erythrozytenbeutel nach dem anderen.
Nach zwei Tagen mussten wir mit den Angehörigen das Gespräch führen. Wir erklärten, dass man nicht mehr operieren könne und im Sedationsstopp kein Anzeichen von Aufwachen ersichtlich sei. Dass es uns sehr leid tue, aber dass ihre 20-jährige Tochter und Schwester nicht mehr aufwachen werde.
Die Fassung zu wahren, fiel mir schwer
Am Bett der Patientin war ich bedrückt. Dass sie eigentlich schon tot ist, war mir bereits zwei Tage zuvor bei ihrer Aufnahme klar gewesen. Aber dann sah ich die Familie vor mir, die zutiefst schockierten Eltern, die es nicht fassen können. Daneben die drei Geschwister, die weinten und kein Wort mehr hervorbrachten. Ich setzte mein Pokerface auf, ich versuchte ernst und seriös zu bleiben und konzentrierte mich, um nicht mitzuweinen.
Nach dem Gespräch sperrte ich mich auf der Toilette ein und musste erst mal ein paar Minuten heulen und mich wieder fassen. Später stellte ich mir die Frage, was Angehörige wohl dachten, wenn ein Arzt vor ihnen weinen würde oder feuchte Augen bekäme. Würden sie es als Empathie empfinden? Oder als Schwäche?
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