Sobald das letzte Kalenderblatt abgerissen wurde, betritt eine bestimmte Kundengruppe vermehrt die Apotheke. Die Aufhörer. Genau, es geht um Menschen, die sich im neuen Jahr von ihrem geliebten Tabak trennen wollen. Wie kann man sie dabei bestmöglich unterstützen?
Im Januar treten sie in das kalte Licht der Wirklichkeit: unsere guten Vorsätze für das neue Jahr. Auch die Kunden in der Apotheke brauchen dabei manchmal unsere Unterstützung. Einer der häufigsten Wünsche dabei ist der, künftig rauchfrei durchs Leben zu gehen. Nicht umsonst gibt es den stehenden Begriff der „Silvestermethode“ für den kalten Entzug. Dass der nicht die beste Möglichkeit für den Ausstieg ist, zeigen Zahlen: Nur fünf Prozent aller Raucher schaffen es, mit dieser Methode dauerhaft aufzuhören.
Wie können wir nun unsere Kunden bestmöglich bei ihrem Vorhaben unterstützen? Hier lohnt es sich, einen genauen Blick auf die Leitlinien zu werfen. Die aktuelle S3-Leitlinie „Screening, Diagnose und Behandlung des schädlichen und abhängigen Tabakkonsums” berücksichtigt verschiedene deutsche Leitlinien, die Erkenntnisse der Datenbank der Cochrane Tobacco Addiction Group sowie weitere Systematische Reviews, Meta-Analysen und randomisiert-kontrollierte Studien.
Nikotinersatz – ein Wort, das für Missverständnisse sorgt
Eine A-Empfehlung erhielt dabei die Nikotinersatz-Therapie, wobei das Wort an sich für viele Laien missverständlich ist. Ich erkläre in diesem Zusammenhang häufig, dass nicht das Nikotin selbst ersetzt wird, sondern nur die Zigarette als Medium. Nikotin wird in den Pflastern, Kaugummis und Sprays natürlich weiterhin als Wirkstoff verwendet. Für starke Raucher, die täglich mehr als 20 Zigaretten konsumieren, soll laut Leitlinie eine 2-fach-Kombination von Pflastern und Kaugummis, Lutschtabletten, Sprays oder Inhalern angeboten werden. Bei den Kaugummis wird der 4-mg-Stärke der Vorzug vor den 2 mg gegeben.
Ist sich der Kunde nicht sicher, wie stark die körperliche Abhängigkeit bei ihm bereits fortgeschritten ist, so kann man einen Fagerström-Test mit ihm durchführen. Dieser lässt sich beispielsweise auf der Seite des DKFZ finden. Anhand von sechs kurzen Fragen, die sich während der Beratung schnell abklären lassen, zeigt die erreichte Punktezahl an, in welche Kategorie der Kunde eingeordnet werden kann. Danach richtet sich anschließend die Beratung zum Thema Tabakabstinenz.
Nikotinkaugummis: Die richtige Kautechnik
Das richtige Kauen eines Nikotinkaugummis erkläre ich vor der ersten Anwendung ebenfalls gerne. Sobald sich bei der Anwendung durch den Kunden ein scharfer und pfeffriger Geschmack entwickelt, sollte der Kaugummi in einer Backentasche für etwa eine Minute ruhen. Dann wird Nikotin abgegeben und das erste Verlangen nach dem suchterzeugenden Wirkstoff etwas abgemildert. So sollte dreißig Minuten gekaut und danach etwa eine halbe Stunde bis zum nächsten Kaugummi gewartet werden. Dieses Intervall hat sich bei starken bis mittelstarken Rauchern am besten bewährt. Zusätzlich zu medikamentöser Beratung ist es sinnvoll, den potentiellen Exrauchern auch weitere Verhaltenstipps an die Hand zu geben.
Etwas Sport am Abend hilft vielen über weitere unangenehme Begleiterscheinungen des Rauchstopps hinweg. Dabei werden Glückshormone ausgeschüttet, die der Körper während der Entzugsphase auch dringend benötigt. Außerdem wird so einer Gewichtszunahme entgegen gewirkt, die so manchen davon abhält, dem Glimmstängel zu entsagen. Der dritte Vorteil ist, dass durch abendliche körperliche Bewegung Schlafproblemen vorgebeugt wird, die ebenfalls zu den häufigsten Entzugssymptomen zählen.
Welche Rolle spielen Depressionen?
Der Vorteil, sich umfassender und länger auf die Beratung einzulassen, ist auch der, eventuelle Begleitumstände zu erfassen, die sonst vielleicht nicht sofort zur Sprache kommen. Liegt beispielsweise eine Depression beim Aufhörwilligen vor, so ist der Gang zum Arzt obligatorisch. Dass ein Nikotinentzug depressive Symptome verschlimmern kann, ist durch viele Studien wie etwa die Arbeit von Hitsman et al. belegt und muss daher ärztlicherseits im Auge behalten werden. Auch Raucher, die eine Depression in ihrer Vergangenheit bereits überwunden haben, gehören zum gefährdeten Personenkreis. Hier zeigt sich auch, warum der Kombination aus begleitender Beratung und zusätzlicher Medikation zur Unterstützung des Rauchstopps eine A-Empfehlung ausgesprochen wurde.
So können aber auf der anderen Seite verschreibungspflichtige Antidepressiva beim Rauchstopp helfen. Eine A-Empfehlung bei der S3-Leitlinie erhielt hier Bupropion, wenn eine leitliniengerecht durchgeführte medikamentöse Behandlung mit einer Nikotinersatztherapie nicht ausreichend wirksam war. Auch der partielle Nikotinrezeptoragonist Vareniclin wird gleichermaßen eingestuft. Die entsprechenden Präparate, die ein Arzt nach Beachtung von möglichen Risiken und nach Aufklärung des Patienten verordnen kann, werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen und der Kunde muss die Kosten dafür selbst tragen.
Ein Versuch lohnt sich – mehrere auch
Wer trotz guten Willens und Unterstützung durch den Arzt und Apotheker wieder schwach wird, ist in guter Gesellschaft. „Mit dem Rauchen aufzuhören, ist kinderleicht. Ich habe es schon hundertmal geschafft“, lautet ein bekanntes Zitat von Marc Twain. Trotzdem lohnt sich jeder neue Versuch. Für den Geldbeutel und, um die prekären Folgen für die Gesundheit zu eliminieren.
Ein Beitrag von Eva Bahn
Bildquelle: Antranias, pixabay