Unzufrieden im eigenen Körper – viele Menschen leiden unter einer Essstörung und magern sich runter bis auf die Knochen. Nun konnten genau drei chromosomale Bereiche identifiziert werden, die für das Körpergewicht und die Entwicklung einer „Anorexia nervosa“ entscheidend sind.
Dass erbliche Faktoren an der Entstehung von Anorexia nervosa (AN) beteiligt sind, weiß man bereits aus Zwillings- und Familienstudien. Drei medizinische Arbeitsgruppen aus Essen, Jena und Regensburg gingen dem jetzt nach und identifizierten anhand großer internationaler Analysen genau drei chromosomale Bereiche, die für das Körpergewicht und die Entwicklung einer AN entscheidend sind. Prof. Anke Hinney von der LVR-Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters in Essen erklärt: „Es stellte sich für uns sehr deutlich heraus, dass die Gene in einem der Bereiche fast ausschließlich das Körpergewicht bei Frauen beeinflussen. Und weil Frauen etwa zehnmal häufiger an AN erkranken als Männer, ist dieses Ergebnis natürlich hochrelevant.“
Nachdrücklich untermauert wird dies auch von einer weiteren Untersuchung, die sich mit zwei der Gene befasst. Von ihnen weiß man, dass sie mit einem Wachstumsfaktor, dem Brain-derived neurotrophic factor (BDNF) zusammenspielen. Dieser ist für Körpergewicht, Essstörungen und weitere psychiatrische Störungen relevant. Am Helmholtz-Zentrum in München konnte im Tiermodell nun gezeigt werden, dass sich die Ausprägung der Gene u.a. durch Fasten in einer für die Gewichtsregulation zentralen Region des Gehirns verändert.
So sagt Prof. Hinney: „Dank der Analyse der großen Datensätze und der Tiermodellstudien konnten wir in unserer Untersuchung genau die Gene identifizieren, die sowohl für die Körpergewichtsregulation als auch für die AN relevant sind. Werden diese Ergebnisse in unabhängigen Studien bestätigt, sind nun zum ersten Mal genetische Varianten identifiziert, die die Entwicklung einer Anorexia nervosa begünstigen.“ Wenn es nur darum geht, welche Genbereiche das Körpergewicht beeinflussen, kann man bereits auf über 100 bekannte DNA-Varianten zurückgreifen. Diese Daten helfen dabei, die der Essstörung zugrunde liegenden biologischen Mechanismen besser zu verstehen. Originalpublikation: Evidence for three genetic loci involved in both anorexia nervosa risk and variation of body mass index Anke Hinney et al.; Nature - Molecular Psychiatry, doi:10.1038/mp.2016.71; 2016