Bei der Pandemie H1N1 2009/10, besser bekannt als „Schweinegrippe“, kam Pandemrix als Impfstoff zum Einsatz. Die Vakzine führt vereinzelt zu Narkolepsie. In Schweden haben Parlamentarier jetzt ein spezielles Entschädigungsgesetz verabschiedet.
In Schweden ließen sich nach Impfaufrufen der Regierung Ende 2009 rund 60 Prozent aller Bürger gegen A/California/7/2009 (H1N1) impfen. Durch die Vakzine Pandemrix® von GSK kam es 2009/10 zu einer anfangs rätselhaften Narkolepsie-Welle. Die EudraVigilance-Datenbank der Europäischen Arzneimittelagentur EMA listet mehr als 1.300 Fälle. Auf der Suche nach Erklärungen sind Forscher einen großen Schritt vorangekommen.
Syed Sohail Ahmed von GSK schreibt, Narkolepsie lasse sich auf eine Autoimmunerkrankung zurückführen. Pandemrix enthielt größere Mengen eines Nukleoproteins des Influenza-Virus als Vakzine anderer Hersteller. Die entstandenen Antikörper richteten sich auch gegen Hypocretin-Rezeptoren im Schlaf-Wach-Zentrum des Gehirns. Früher hatten Forscher postuliert, dass Hypocretin selbst attackiert werde. Jetzt fanden sie heraus, dass Rezeptoren zum Ziel geworden sind. Antikörper erkennen nicht nur wie gewünscht das Nukleopeptid im Grippevirus, sondern aufgrund ähnlicher Aminosäuren-Sequenz den Rezeptor. Als weitere Voraussetzung kommt hinzu, dass die Blut-Hirn-Schranke kurz durchlässig wird, etwa bei Infektionen oder Entzündungen. Unklar bleibt, warum ausschließlich Träger einer bestimmten HLA-Variante an Narkolepsie erkranken. Trotzdem gilt der Zusammenhang als schlüssig. Nukleoprotein des Influenza-Virus A. Quelle: wikimedia.org
Nach dieser grundsätzlichen Klärung traten sozialrechtliche Aspekte in den Mittelpunkt. Politiker aus Schweden sahen sich in der moralischen Verantwortung – schließlich hatte die Regierung alle Bürger zur Impfung aufgerufen. Jetzt hat das Parlament in Stockholm ein Gesetz zur Entschädigung verabschiedet. Danach erhalten Betroffene einmalig bis zu zehn Millionen schwedische Kronen, umgerechnet eine Million Euro. Mittlerweile liegen 475 Anträge vor, von denen Behörden bereits 311 genehmigt haben. In Deutschland ist eine lebenslange Grundrente vorgesehen, deren Höhe sich an der Schwere der Einschränkung, aber auch an den Einkommensverhältnissen orientiert.