BEST OF BLOGS | In der Kinderarztpraxis beschäftigen wir uns auch mit pädagogischen Themen, die Sprachentwicklung ist uns sowieso ein Anliegen. Beide Sujets treffen sich bei der zweisprachigen Erziehung innerhalb der Familie. Wie sollen Eltern das machen?
Beobachtet man Kinder im Urlaub, am Strand, auf dem Campingplatz, weg von den gestressten Eltern, hingegeben der Suche nach Sozialkontakten und Spielen, erkennt man schnell: Alle Kinder, egal welcher Sprache, verstehen einander. Sie verstehen einander durch Gesten, durch blitzschnelle Aufnahme von fremder Sprache, durch Zwischenmenschlichkeit.
Sprache ist für Kinder essentiell, welch banale Feststellung. Die Sprachentwicklung ist, so unterschiedlich sie verlaufen kann, am Ende vielleicht die wichtigste Entwicklungsphase eines Kindes; schließlich prägt sie das Sozialgefüge.Umso toller, was die Natur den Kindern mitgegeben hat, um ihre Sprache zu finden; anfangs ihre eigene, universelle und am Ende eventuell gar die der Eltern. Universalität – kann man das so nennen? Die Fähigkeit, sich in welcher Sprache auch immer zu verständigen. Mit Sprache meine ich nicht nur den verbalen Austausch, auch Gesten des Säuglings oder Gebärdensprache fallen hier hinein.
Eine spezielle Variante des Spracherwerbs ist es, eine zweite Sprache zu erlernen. Hier sind besondere Voraussetzungen wichtig:
Wachsen Kinder mit einer anderen Sprache auf als der, welche im Land gesprochen wird, in dem sie sich gerade zufällig aufhalten, lernen sie die Landessprache ähnlich schnell wie die Muttersprache. Sobald sie müssen, sobald sie ein neues Bad in der neuen Sprache nehmen, passiert es ganz von selbst. Mitunter geht es sogar noch schneller, weil die Fähigkeit zum Sprachelernen bereits „gespurt“ ist.
Manchmal lese ich bei älteren Kollegen in Einträgen im Vorsorgeheft Bemerkungen wie „spricht noch kein deutsch“ oder womöglich „sollte jetzt mehr deutsch lernen“. Das ist eine anachronistische Sicht der Sprachentwicklung bei Zweisprachigkeit und aus der Sorge geboren (die sich auch bei vielen nichtdeutschsprachigen Familien hält), dass die Kinder ausgegrenzt würden. Würden wir in Papua-Neuguinea nicht auch weiterhin deutsch mit unseren Kindern sprechen?
Kinder sind so unendlich international, so großzügig, so rücksichtsvoll, wenn sie jemandes Kind gegenüber treten, das die eigene Sprache nicht kennt. Sie improvisieren, sie zeigen, sie helfen, oberste Maxime ist das gegenseitige Verstehen, nicht das Verstehen der eigenen Position. Zweisprachige Kinder sind tolle Dolmetscher, oft wertvoll für die Familien, im allerpositivsten Sinne. Letztendlich erweitert die Mehrsprachigkeit nicht nur den linguistischen Horizont, sondern das Verständnis für andere Kulturen und andere Denkweisen und damit das Zusammenleben aller.
Mehr zum Thema:
Zweisprachigkeit.netDie offizielle Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche AufklärungBroschüren für nichtdeutschsprachige Eltern