Minister Gröhe fordert einen vernünftigeren Umgang mit Antibiotika durch Ärzte und Kliniken. Recht hat er, aber eigentlich könnten wir mit den Leitlinien schon heute gut zurecht kommen – würden sich mehr Kollegen daran halten.
Mutter: „Die Kleine hat so Halsweh.“
Ich: „Fieber auch?“
Mutter: „Nein, sonst gehts ihr gut. Die springt auch rum.“
Ich: „Ich sehe einen roten Rachen. Und Husten hat sie auch.“
Mutter: „Ja, so war das bei meinem Mann und mir auch.“
Ich: „Ok, sie hat auch keine Lymphknotenvergrößerung.“
Mutter: „Das hat sie bestimmt von uns.“
Ich: „Ja, solche Viren gehen schnell rum in der Familie.“
Mutter: „Mein Mann und ich bekommen jetzt schon mal ein Antibiotikum. Supermycin.“
Keine seltene Konversation in der Praxis.
Unser aller Gesundheitsminister möchte die Antibiotika-Gaben in Deutschland einschränken und macht sich so seine Gedanken. Die G7-Präsidentschaft der Bundesrepublik soll dabei für ein internationales Strategieprogramm genutzt werden. Dabei steht die Hygiene in den Kliniken und die Verordnung von Antibiotika durch Ärzte im Vordergrund.
Dass er sich dabei ausgerechnet die Kinder- und Jugendärzte rauspickt, lässt verwundern. So haben Studien und Umfragen immer wieder ergeben, dass die Verschreibung in den Fachgruppen höchst unterschiedlich ausfällt, die Kinderärzte kommen dabei aber stets vernünftig und leitlinienbezogen weg.
Im obigen Fall bedeutet das:
kann der behandelnde Arzt von einer viralen Erkrankung ausgehen (McIsaac-Kriterien oder Centor-Score – diese gilt auch für Allgemeinärzte/Erwachsene), eine weitere Diagnostik wie Blutabnahmen oder ein Abstrich sind nicht notwendig. Und schon gar keine „Schon-mal“- oder „Zur Sicherheit“-Antibiotika-Gabe.
Ach ja, sollte man sich dann doch zu einer Antibiotika-Gabe hinreißen lassen, da man eine bakterielle Infektion vermutet, ist das Mittel der ersten Wahl immer noch ein einfaches Penicillin (ja, und Allergien dagegen sind seltener als man denkt), denn in den allermeisten Fällen sind die so genannten betahämolysierenden Streptokokken (GAS) die Ursache der bakteriellen Angina.
Da wirkt das Penicillin stets gut. Mitteln aus anderen Antibiotikagruppen („Breitband“) sollten nur in Ausnahmen verwendet werden. Der zu hohe Einsatz dieser Reservemedikamente erschafft Resistenzen. Trotzdem werden diese häufig verordnet: „falls es doch was anderes ist“ oder „damit es nicht schlimmer wird“.
Diese Strategie gilt leider oftmals für junge Kollegen in den Nachtambulanzen. Trotz positiven Streptokokkenabstrichs und eindeutiger Diagnostik wird zum Cephalosporin der zweiten oder dritten Generation gegriffen, obwohl das Penicillin den Job genauso getan hätte.