Spiegel Online und die Rechercheplattform Correctiv haben für Deutschland erstmals eine Landkarte und eine damit verbundene Datenbank veröffentlicht, die finanzielle Zuwendungen von Pharmafirmen an Ärzte offenlegen.
So weit, so wenig aussagefähig.
Natürlich bedeutet das einen Quantensprung in der Transparenz dieser bekannten Verknüpfung: Bisher gab es nur Mutmaßungen darüber, wieviel Geld in diesen Kanälen fließt, welche Pharmafirmen (vermutlich alle) und welche Ärzte (vermutlich weniger als man denkt) beteiligt sind. So finden sich in der Datenbank Spitzenzuwendungen an einen einzelnen Arzt von 200.000 Euro, während das Gros nur Kleinbeträge kassierte.
Aber: Nur ein Drittel der befragten Ärzte hat sich bereit erklärt, den eigenen Namen zu veröffentlichen, und auch nicht alle Pharmafirmen (aber immerhin 3/4) haben sich beteiligt. Dass dies zudem eine Schieflage bedeutet, liegt auf der Hand: Für Firmen ist es nicht anrüchig, Gelder zu verteilen, Werbeetats sind in der freien Markwirtschaft legitim, der einzelne Arzt versucht dies jedoch nicht öffentlich zu machen, um nicht bestechlich zu wirken.
Jeder kann nun also seine Ärzte in der Umgebung kritisch würdigen und diese oder jene oder keine Konsequenz daraus ziehen. Doch Vorsicht: Hier funktioniert nur das Richtig-Positiv-Prinzip: Der Arzt, den man findet, hat auch Geld bekommen. Falsch-Negativ geht aber auch: Nur weil der gesuchte Name nicht findbar ist, bedeutet das nicht automatisch, er habe kein Geld bekommen, sondern vielleicht nur, dass er der Veröffentlichung nicht zugestimmt hat – unterstellen wir ruhig, dass man der Veröffentlichung ungerner zustimmt, je höher der Geldbetrag ist.
Ich bin übrigens auch auf der Landkarte zu finden, mit einem überschaubaren, niedrigdreistelligen Betrag. Lustig – ich kann mich gar nicht daran erinnern, mein Einverständnis gegeben zu haben. Aber es handelte sich damals um eine Fortbildung und Bahnfahrt, „Fortbildungsgebühren“ und Verpflegung wurden von der Firma übernommen. Geschenke für meine Kinder konnte ich danach keine kaufen, und ein neues Stethoskop für die Praxis war auch nicht drin. Aber ganz ehrlich: Diese Zeiten liegen für den kleinen niedergelassenen Arzt schon zwei Jahrzehnte in der Vergangenheit.
Nun könnte ich mich noch über das fortgesetzte Ärzte-Bashing der Medien echauffieren, wozu die Berichterstattung wieder gut dient – man sehe nur den Geldkopf der „Correctiv“-Seite – so wird das Berufsbild des Arztes für viele junge Leute leider immer unattraktiver. Außerdem gibt es sicher keine Berufsgruppe, in der die Industrie keinen Einfluss nimmt, und Lobbyismus ist nun einmal Teil einer kapitalistischen Gesellschaft, aber man soll ja auch nicht auf andere zeigen.
Es bleibt also bleibt der eigentliche Gewinn: Dank der Verabschiedung des Antikorruptionsgesetzes dürfen wir uns unsere Kugelschreiber endlich wieder selbst aussuchen. Und das ist doch allemal ein Vorteil.
Bildquelle (Außenseite): frankieleon, flickr