Viele Leser landen über Google auf meinem Blog. Sie suchen nach erstaunlichen Begriffen, die sie dann zu mir führen. „Wie viel verdient ein Notarzt“, „wie zieht man Fentanyl auf“, „welchen Kuchen mögen Anästhesisten“. Es folgt eine skurrile Zusammenstellung.
„intubation notarzt tips“
Bravo, hier hat jemand erkannt, dass es da was zu verbessern gibt. Irgendwie läuft es wohl nicht so mit der Intubation. Zur Beruhigung sei gesagt, dass geht allen – außer Anästhesisten – so. Und warum? Weil man es täglich machen muss, um sich sicher zu fühlen, oder zumindest mal eine Weile lang täglich gemacht haben sollte.
Es gibt dazu ein paar interessante Artikel zum Beispiel hier, hier oder hier. Zusammengefasst kann man sagen, dass Anfänger unter dem Begriff Intubation die Tubuspassage durch die Stimmritze verstehen und sich auch nur auf diese konzentrieren, während der Patient an fehlendem Blutdruck oder fehlendem Sauerstoff (und nicht an einer misslungenen Intubation!) verstirbt.
Die eigentlich Intubation hingegen ist tatsächlich einfach eine Frage der Technik und die kann man nicht dadurch lernen, dass man an ein paar Tagen morgens in den OP geht und dann mal einen Patienten intubiert. Und wenn man das Intubieren schon nicht kann, sollte man zumindest die Alternativen (Larynxtubus!) sicher beherrschen.
„kuchen für anästhesisten“
Nehmen wir gerne! Ich sollte vielleicht mal ein Rezept für meine Lieblingskuchen posten. Alternativ: empfehlenswerte Rezepte bitte in den Kommentaren!
„vollnarkose herzmuskelentzündung“
Neben der Herzmuskelentzündung und Erstmanifestation eines Diabetes Mellitus ist auch übermäßiger Haarwuchs sowie schlechter Handyempfang vergesellschaftet mit einer Vollnarkose. NICHT! Meine Güte, was einer Narkose so alles nachgesagt wird.
Es wird oft vergessen, dass zwischen dem Einschlafen und dem Wachwerden eine Operation stattfindet! Ein (großer) Schnitt, das Wühlen in Eingeweiden, das Herausschneiden der selbigen, das Einbringen von beispielsweise Stuhl in die Blutbahn bei einer Darmoperation ist unvermeidlich. Da kann man auch noch so viel vorher spülen und abführen. Aber Schuld ist am Ende immer die Narkose. Okay, einer muss es ja gewesen sein.
„notfallsanitäter fentanyl“
Wer Fentanyl sagt, muss auch Beatmung sagen (können). Und es sind schon viele an einem unmöglichen Atemweg verstorben, keiner bis jetzt an Schmerzen. So viel dazu. Ich bin ein großer Fan der Notfallsanitäter und befürworte gut ausgebildetes Personal. Es muss aber sinnvolle Grenzen geben. Es mag einzelne Talente geben, die überdurchschnittlich qualifiziert sind, aber Regeln müssen ja für alle gelten. Allen Notfallsanitätern die Fentanylgabe zu erlauben, halte ich für schwierig.
Meine Erfahrung zeigt übrigens, dass die wirklich richtig guten Notfallsanitäter (zum Beispiel die vom Hubschrauber, die täglich Narkosen machen) niemals nach so etwas fragen würden. Der Wunsch, solche Medikamente zu geben, zu intubieren, Thoraxdrainagen zu legen – kurzum all das, was man im Rahmen der Notkompetenz schon immer mal machen wollte – kam bisher fast immer von meist sehr jungen Sanitätern, die zeigen möchten, was sie so drauf haben. Oder einfach, um sagen zu können, dass sie „was krasses gefixt“ haben (um es mal im O-Ton auszudrücken).
Ob das dem Patienten hilft, steht auf einem anderen Blatt. „Primum non nocere“ war schon immer die Devise. Danach relativiert sich vieles.
„was verdint man als notartzt“
Es wird nicht besser. Ich habe das ja mal an anderer Stelle erläutert, aktuell sind wir bei 30 Euro pro Stunde. Alles inklusive, ohne Zuschläge. Dann aber brutto, davon muss die Versicherung und Kleidung bezahlt werden, davon müssen die Fahrtkosten erstattet werden und voll versteuert wird es auch noch. Da bleiben nach 24 Stunden Notfallrettung mit durchschnittlich 10–14 Einsätzen, in denen es oft um die Wurst geht, von 720 Euro realistisch ca. 400 Euro übrig. Macht etwa 16,70 Euro pro Stunde.
Die Feuerwehr rechnet mit der Krankenkasse übrigens in unserem Kreis pro Einsatz (RTW + NEF) 870 Euro ab, da sind dann aber auch die Fahrzeugkosten, Personalkosten etc. drin.
„marzahn praktikum hubschrauber notarzt“
Leider kann man kein Praktikum in der Luftrettung machen. Dafür gibt es genug spannende Reportagen zum Beispiel hier oder in den anderen 56 Beiträgen.
„cabcde“
Hä? Können die das Alphabet nicht? Doch, können se. Fürs Fachpublikum: Es hat sich gezeigt, dass mit der Atemwegssicherung und der Etablierung einer Beatmung so viel Zeit vergeht, dass ein kritisch blutender Patient (c = critical bleeding) danach soweit ausgeblutet ist, dass dem Patienten dann auch nicht mehr zu helfen ist. Deshalb sollte bei einem ganz kaputten Patienten erst beispielsweise das Tourniquet angelegt, dann der Atemweg gesichert und dann beatmen werden. Tourniquet oder Beckengurt anzulegen, dauert zehn Sekunden.
„bild schockraum kind ohne helm“
Ist für mich noch sehr präsent. Sechs Jahre alt, fuhr mit ihrer Freundin auf dem Gehweg, dort parkte ein Auto, außen herum gefahren, vom Auto erfasst. Nach vier Tagen Maximalversorgung Hirntod, ist zur Organspenderin geworden. Überflüssig zu erwähnen, dass bei uns zu Hause Helmpflicht herrscht, oder? Warum fahren Eltern eigentlich ohne Helm? Wie soll man einem Kind plausibel erklären, dass ein Helm für Kinder sehr wichtig, für Erwachsene aber nicht so wichtig ist?
Ein Erwachsener stürzt selbst bei einem Fahrradunfall aus dem Stand aus ca. zwei Metern Höhe auf Stein oder Asphalt. Das hält kein Schädelknochen aus. Und da haben wir noch nicht über E-Bikes und die dort erreichten Geschwindigkeiten geredet!
„wie wird fentanyl aufgezogen“
Pur. Immer pur. Entweder aus einer großen (0,5 mg), mittleren (0,2 mg) oder kleinen (0,1 mg) Ampulle. Wer fragt sowas?
„ich habe mein kind verbrüht“
Das ist furchtbar. Mehr kann ich an dieser Stelle nicht dazu sagen.
„narkose muss das gewicht ganz genau angegeben werden“
Wäre schon besser. Ehrlich gesagt kann ich das mittlerweile auf 5–10 kg auch ganz gut schätzen. Es hilft uns, Medikamente genauer zu dosieren, aber Narkose macht man sowieso abhängig von Wirkung und vielen anderen Faktoren und eben nicht nur nach Gewicht. Sonst könnte das ja auch jeder. Viel wichtiger ist der Allgemeinzustand (aufgeregt oder entspannt?), die Funktion der Herz-Kreislauf-Systems, das Alter, mögliche Entzündungsherde im Körper, Allergien und so weiter. Aber ja, dem Narkosearzt sollte man ruhig ehrlich sagen, wieviel man genau wiegt.
„goä sondersignal“
Hinter der Abkürzung GOÄ verbirgt sich die Gebührenordnung für privatärztliche Leistungen. Das finde ich mal spannend. Also da möchte jemand die Verwendung des Sondersignals und das möglicherweise erhöhte Unfallrisiko auf dem Weg zum Patienten privat abrechnen? Soweit mir bekannt ist, sind Notärzte immer Angestellte der Stadt/Feuerwehr/des Krankenhauses. Somit ist eine private Abrechnung nicht möglich. Ich war ja nie besonders fleißig in betriebswirtschaftlichen Dingen und habe mich nie um Dinge wie Rechnungen und die Kontrolle des Abrechnungszettels gekümmert, aber der Eifer mancher Leute erstaunt mich dann doch sehr.
„notarzt als neurologe fahren“
Kann man machen. Kann man auch als Psychiater. Ich kenne sogar einen guten Psychiater, der immer noch als Notarzt fährt. Der ist aber in seinem vorigen Leben auch Facharzt für Innere Medizin gewesen und hat in eben diesem vorigen Leben einen Haufen Intensivmedizin gemacht. Und selbst der sagt mittlerweile, dass er aus der Übung kommt und deshalb dieses Jahr aufhört.
Grundsätzlich braucht man – mit einigen Abweichungen von Bundesland zu Bundesland – nur eine Approbation und die Fachkunde Rettungsdienst. Das geht ziemlich schnell. Die Antwort auf die Frage, ob man dann die übertragenen Aufgaben auch gut und richtig ausüben kann, steht auf einem anderen Blatt. Es wird in der Regel ausreichen, um ausgetrocknete ältere Herrschaften in einem Taxi gleich mit etwas Flüssigkeitsinfusion ins Krankenhaus zu fahren. Man sollte aber auch ein Polytrauma versorgen können und auch für einen echten Kindernotfall einen Plan haben.
„wo handy hin bei op“
Das ist ein echtes Problem. Bitte nicht mitnehmen! Dann hab ich es nämlich an der Backe. Das heißt auch, dass ich versicherungsmäßig dafür haftbar bin – und zwar persönlich –, wenn dieses runterfällt oder abhanden kommt. Am besten auf der Station im Safe einschließen lassen oder bei der Pflege abgeben. Die können das dann in den BTM-Schrank zu den Betäubungsmitteln legen.
„gelbe haut nach narkose“
Das kommt dann wohl vom Desinfektionsmittel. Kann mal passieren bei einer OP. Oder man hat Morbus Meulengracht, oder es kommt von einem Ikterus, oder es gibt eine von den vielen anderen Ursachen, die man während des jahrelangen Studiums und der jahrelangen Ausbildung lernt.