Im Bett bleiben oder trotz Infekt ins Büro gehen? Einer Befragung zufolge schleppen sich zwei Drittel der Arbeitnehmer krank zur Arbeit. Bei Ameisen wäre ein solches Verhalten inakzeptabel. Wie sich die Tiere bei Krankheit verhalten, zeigt eine aktuelle Studie.
Ameisen sind fleißige Tiere, aber nicht um jeden Preis. Wenn sie krank sind, wählen sie die Isolation und senken dadurch die Kontaminierungsgefahr für die gesamte Kolonie, so das Ergebnis einer kürzlich veröffentlichten Studie von Forschern aus der Schweiz und Österreich.
Insgesamt 22 Kolonien der Schwarzen Wegameise (Lasius niger) beobachteten die Wissenschaftler in zwei Experimenten mithilfe eines automatisierten Tracking-Systems. Um zu untersuchen, wie Ameisen sich verhalten, wenn jemand unter ihnen erkrankt, brachte die Forschergruppe ein Pathogen in Umlauf. Sie wählten randomisiert 10 Prozent der Arbeiterameisen aus, die sich vorrangig außerhalb des Nests aufhielten. Diese wurden entweder einer Kontrolllösung oder Sporen des Pilzes Metarhizium brunneum ausgesetzt und anschließend wieder in ihre gewohnte Umgebung zurückgebracht.
Die Infektion blieb von den anderen Ameisen nicht unbemerkt. Sie ergriffen Maßnahmen, um eine Verbreitung zu verhindern. Die Forscher konnten bei den Tieren eine Umstrukturierung feststellen. So interagierten die Arbeiterameisen weniger mit anderen Ameisentypen und blieben vermehrt unter sich. Sie isolierten sich aktiv, indem sie mehr Zeit außerhalb des Nests verbrachten, ihren Bewegungsradius innerhalb des Nests reduzierten und den Abstand zu ihren Nestgenossen erhöhten. Nicht nur das: Untereinander sorgten die kranken Arbeiterameisen dafür, dass der Erreger gleichmäßig verteilt wurde. Auf diese Weise entwickelten sie eine Immunisierung, die sie zukünftig vor einer Erkrankung mit dem selben Pathogen schützen würde.
Darüber hinaus änderte sich aber auch das Verhalten beim Rest der Kolonie. Jene Tiere, die für die Brutpflege zuständig sind, verbrachten mehr Zeit mit dem Nachwuchs und brachten ihn näher ins Nestinnere, dadurch kamen die Pfleger seltener mit den Arbeitern in Kontakt. All diese Maßnahmen hatten zur Folge, dass junge Ameisen sowie die Königinnen besonders intensiven Schutz erfuhren. Zu Todesfällen kam es ausschließlich in der Gruppe der Arbeiter.
Kranke Ameisen meiden also den Kontakt mit anderen, wir Menschen sind da weniger konsequent. Krank zur Arbeit gehen ist eine Form des sogenannten Präsentismus. Mittels einer Umfrage im Jahr 2016 wollte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) herausfinden, wie häufig Präsentismus in deutschen Büros stattfindet. Das Ergebnis: Zwei Drittel der abhängig Beschäftigten gab an, im vergangenen Jahr trotz Krankheit gearbeitet zu haben. Davon kam fast die Hälfte (47 %) auf mindestens eine Woche, jeder Siebte arbeitete sogar drei Wochen und mehr in einem kranken Zustand, so der Bericht. Besonders häufig erschienen jene Arbeitnehmer krank im Büro, die unter hoher psychischer Belastung litten. „Die Vermutung, dass eine hohe Identifikation der Beschäftigten mit ihrer Arbeit ebenfalls zu diesem Verhalten führt, konnte dagegen nicht belegt werden“, heißt es im damaligen Bericht. Die Ergebnisse einer aktuellen Befragung bestätigen den Trend.
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