Ein Delir tritt bei nahezu jedem dritten auf der Intensivstation betreuten Patienten auf. Es lässt sich auf zahlreiche Grunderkrankungen zurückführen. Unabhängig von der kausalen Therapie versuchen Ärzte, diese Form einer Psychose mit Pharmaka zu kontrollieren, da es sich um einen lebensbedrohlichen Zustand handelt. Die deutsche Leitlinie rät u.a. zum Einsatz von Haloperidol. In den USA ist auch Ziprasidon üblich. E. Wesley Ely von der Vanderbilt University School of Medicine zweifelt aufgrund neuer Daten an der Sinnhaftigkeit dieser Wirkstoffe.
Randomisierte Studie zeigt keinen Mehrwert
Ely rekrutierte in mehreren Krankenhäusern 1.183 Patienten für seine ransomisierte, placebokontrollierte Studie. Von ihnen entwickelten 566 (48%) ein Delir. 184 wurden nach dem Zufallsprinzip mit Placebo behandelt, 192 erhielten Haloperidol und 190 Ziprasidon. Als primären Endpunkt definierte Ely die Zahl an Tagen ohne Delir oder Koma während der 14-tägigen Interventionsperiode. Das waren 8,5 Tage (Plaebo), 7,9 Tage (Haloperidol) bzw. 8,7 Tage (Ziprasidon). Einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den Studienarmen gab es nicht. Auch die 30- oder die 90-tägige Mortalität war gleich. „Jeden Tag erhalten viele tausend Patienten unnötige Antipsychotika in der Intensivmedizin […]“, kritisiert Ely. Das bedeute ein medizinisches Risiko und hohe Kosten ohne Nutzen in Bezug auf die Endpunkte.
Falsches Verständnis des Delirs
Thomas P. Bleck vom Rush Medical College, Chicago, hat die Ergebnisse im Rahmen eines Editorials kommentiert. Auch er ist erstaunt, dass jahrzehntelang eingesetzte Medikamente keinen Mehrwert zeigen. „Es ist wahrscheinlich, dass unser Konzept des Delirs fehlerhaft ist“, schreibt Bleck. Die Neurochemie umfasse mehrere Neurotransmitter sowie strukturelle und immunologische Veränderungen. Mitunter kämen klinisch nicht erkennbare Hirninfektionen noch hinzu. Für Beck bedeutet das Impulse für weitere Studien.
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