Warum muss eine Mutter über 30 Minuten Fahrerei in drei verschiedene Apotheken auf sich nehmen, um für ihr Kind ein Kinder-Antibiotikum zu besorgen? Die Antwort ist ein schon lange bekanntes Problem – Lieferengpässe bei wichtigen Arzneimitteln.
Schon in dem neulich erschienen Artikel "Krätze - Jetzt noch milber" über die Ausbreitung von Skabies in Deutschland, wurde über Lieferprobleme bei den für die Behandlung notwendigen Arzneimitteln berichtet. Fünf von fünf Apotheken hatten das gegen Skabies eingesetzte Arzneimittel Ivermectin nicht vorrätig da. Die Mutter auf der Suche nach Kinder-Antibioikum stellt demnach keinen Einzelfall dar, sondern ein generelles Problem auf dem Pharmamarkt.
Ist die Globalisierung Schuld?
Gründe für diese Lieferengpässe sieht Martha Binder von der Bayerischen Landesapothekenkammer unter anderem in der Globalisierung. Dadurch gibt es für einige Arzneimittel nur noch wenige Produktionsstätten aus denen mehrere Pharmaunternehmen ihre Marge erhalten. Gibt es nun in einem dieser Herstellungsbetriebe Schwierigkeiten, wie es Anfang 2017 durch eine Explosion in einer großen Produktion für piperacillinhaltige Kombinationsantibiotika in China der Fall war, so hat dies Konsequenzen für den weltweiten Handel dieses Arzneimittels.
Eine weitere Folge der Globalisierung ist, dass der meist lukrativere Export ins Ausland bevorzugt wird und dadurch zur Knappheit im eigenen Land führt.
Die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft (DPhG) sieht zudem in der „langen und komplexen Lieferkette“ eine weitere Ursache für die Schwierigkeiten auf dem Arzneimittelmarkt. Von der Herstellung des Arzneimittels bis hin zur Verpackung können ohne Weiteres 12 bis 24 Monate verstreichen. Zudem sind an diesem Prozess nicht selten über 50 verschiedene Firmen beteiligt.
Welche Rolle spielen hier die Rabattverträge?
Hinzu kommen die Rabattverträge der Krankenkassen, die die Situation nicht vereinfachen. Krankenkassen haben vertraglich Hersteller für bestimmte Arzneimittel festgelegt. Dadurch kann es vorkommen, dass Apotheker Kunden wegschicken müssen, nur weil das Arzneimittel von speziell diesem Hersteller gerade nicht vorrätig ist.
Dies sei jedoch laut des Bayerischen Apothekerverbands eher selten der Fall und würde die Vorteile, die durch die Rabattverträge entstehen, nicht aufwiegen können.
DPhG lädt zum „runden Tisch“
Die Problematik wird mehr als deutlich und Handlungsbedarf ist dringend gefordert, da die Gesundheit der Bevölkerung, vor allem in der Notfallbehandlung, durch fehlende Medikamente stark gefährdet ist. Das sieht auch die DPhG nicht anders und hat Anfang des Jahres alle Beteiligten zu einem „runden Tisch“ eingeladen. Hier sollen Vertreter der Politik, Behörden und Krankenkassen zusammen mit der Fachgesellschaft an konstruktiven Lösungen arbeiten.
Ein Termin ist jedoch noch nicht konkret vereinbart worden.
Quellen:
http://redirect.doccheck.com/4600-31392-news-1231
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2018/01/08/dphg-plant-rundem-tisch-zu-lieferengpaessen/chapter:1
https://www.welt.de/wirtschaft/article174874511/Apotheken-Immer-wieder-sind-wichtige-Arzneimittel-nicht-lieferbar.html