Medizinische Cannabisprodukte
Durch die Änderung des Betäubungsmittelgesetzes und die Verschreibungsverordnung können nun auch Cannabisblüten und Cannabisblütenextrakte verordnet werden. Die bisher gängigen Medikamente auf synthetischer Basis haben weiterhin ihre Berechtigung. In diesem Absatz erhalten Sie einen Überblick über die Medikamente, die für eine Cannabis Therapie und Cannabis Behandlung infrage kommen:
Dronabinol: eine THC-haltige ölige Lösung in verschiedenen Konzentrationen, aus denen auf ärztliche Anweisung hin Rezepturarzneimittel für die orale Einnahme hergestellt werden können. Einige Apotheken stellen aus den Cannabistropfen auch Kapseln her.
Sativex®: das einzige in Deutschland zugelassene Fertigarzneimittel mit dem Wirkstoff Dronabinol. Es handelt sich hierbei um ein Cannabisvollextrakt, das per Sprühstoß eingenommen wird.
Canemes®: Mit Canemes ist seit Januar 2017 ein nabilonhaltiges Fertigarzneimittel in Kapselform verfügbar. Nabilon ist ein vollsynthetisch hergestelltes, dem THC ähnliches Cannabinoid.
Cannabisblüten und Extrakte von Cannabis: Für eine ärztliche Verschreibung stehen Cannabisblüten mit unterschiedlichen Gehalten an THC und CBD zur Verfügung. Extrakte aus Cannabisblüten gibt es von verschiedenen Herstellern.
Cannabisblütenextrakte: Diese Form wird bisher zur oralen Verwendung alleine von der Firma Bionorica Ethics angeboten.
Cannabisvollspektrumextrakte: Diese Form wird bisher zur oralen Verwendung ausschließlich von der Firma Tilray angeboten.
Da es aufgrund der verstärkten Nachfrage von Cannabis als Arzneimittel derzeit zu Engpässen kommt, ist davon auszugehen, dass demnächst weitere Lieferanten und Importeure zum Beispiel aus Kanada und den Niederlanden eine Zulassung für den deutschen Markt erhalten.
Pro Cannabis: Reduzierte Einnahme anderer Medikamente
Ein Entscheidungskriterium, ob für bestimmte Patienten Medizinalhanf in Frage kommt, könnte die aktuelle Medikation sein. Eine Onlineumfrage mit 1513 Patienten untersuchte die Einnahme verschiedener Medikamente in der Vergangenheit. Dabei zeigte sich, dass eine große Anzahl an Patienten die Verwendung verschiedener Medikamente reduzierte, nachdem sie medizinisches Cannabis erhalten hatten.
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76,7 % gaben an, die Einnahme von Opioiden seit der Verwendung von medizinischem Cannabis reduziert zu haben.
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71,8 % reduzierten die Einnahme von Medikamenten gegen Angststörungen
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66,7 % reduzierten die Einnahme von Medikamenten gegen Migräne
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65,2 % reduzierten die Einnahme von Medikamenten gegen Schlafstörungen
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37,6 % reduzierten die Einnahme von Antidepressive
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42,0 % reduzierten ihren Alkoholkonsum.
Diese ersten Ergebnisse geben Hinweise darauf, dass medizinischer Cannabis die Ausprägung von Krankheitssymptomen für den Patienten merklich beeinflussen kann. Weitere Untersuchungen sind notwendig.
Medizinisches Cannabis ist Therapie und keine Droge
Die Wirkungen der Hanfpflanze resultieren nicht daraus, dass der Patient in einen Rauschzustand gerät, in dem er seine Schmerzen/Beschwerden nicht mehr wahrnehmen kann. Die Cannabinoide, allen voran THC und CBD, wirken über das Endocannabinoidsystem an ganz gezielten Stellen im Körper. Regelkreise und Neurotransmitterausschüttungen oder -hemmungen werden spezifisch gesteuert.
Abhängig vom verwendeten cannabishaltigen Medikament oder der Cannabissorte und mittels der Dosierung kann die Wirkung beeinflusst werden. Die Dosierungen bewegen sich nach der Titrierung zu Beginn der Therapie auf einem Niveau, das keinen Rauschzustand entstehen lässt. Die psychotropen Effekte, die beim Freizeitkonsum angestrebt werden, entfallen.
Im Rahmen einer Cannabistherapie sind auch Entzugssymptome sehr selten, das Risiko dafür gering. Cannabis kann im Rahmen der erwähnten Indikationen einen therapeutischen Nutzen haben. Da jeder Mensch anders auf Cannabis reagiert, ist eine Einstellung auf ein passendes Medikament, eine geeignete Cannabissorte und die passende Dosierung, wie bei vielen anderen Medikamenten auch, nur durch Ausprobieren herauszufinden.
Umfangreiche Informationen zu Cannabis als Medizin finden sich auch auf den Seiten der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin IACM.
Quellen:
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Cannabis – Verordnungshilfe für Ärzte, ISBN 978-3-8047-3628-3
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BfArM
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Bundespoiumstelle
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Piper BJ et al. Substitution of medical cannabis for pharmaceutical agents for pain, anxiety, and sleep. J Psychopharmacol. 2017 May;31(5):569-575. doi: 10.1177/0269881117699616.
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https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28372506