Schmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität, chronische Schmerzen erst recht. Sie wirken sich auf körperliche Einschränkungen, Stimmung, Psyche und Schlaf aus. Oft fragen sich Patienten, ob sie trotz chronischer Schmerzen Sport treiben sollten.
Die Antwort darauf kann nur lauten "Kommt drauf an". Aber genauso gilt: Kategorisch ausschließen sollte man Sport auf keinen Fall. Welchen Effekt kann Sport bei Fibromyalgie haben? Wir haben eine Expertin gefragt.
Frau Dr. Burtscher ist Chefärztin im Zentrum für Schmerztherapie der Schön Klinik Harthausen. Sie ist spezialisiert auf die Behandlung chronischer Schmerzen.
Psychosomatik Online: Frau Dr. Burtscher, wie entsteht überhaupt chronischer Schmerz?
Dr. Burtscher: Schmerz macht keinen Unterschied zwischen Alter oder Geschlecht: Ich habe junge Patienten, aber auch ältere, Frauen und Männer. Meine Patienten kommen mit den berührendsten Geschichten und unterschiedlichsten Schmerzen zu mir. Mir ist es ganz wichtig, jedem einzelnen zuzuhören. Es ist nicht immer klar, woher der Schmerz wirklich kommt. Chronischer Schmerz ist vielfältig und eine Kombination aus vielen Teilen: Psychische Probleme, wie beispielsweise ein Arbeitsplatzverlust oder der Verlust eines Menschen und physische Probleme spielen eine Rolle.
Psychosomatik Online: Wie helfen Sie Schmerz-Patienten konkret?
Dr. Burtscher: In unserer Klinik in Harthausen arbeiten wir interdisziplinär zusammen: Physiotherapeuten, Psychologen, Ärzte, Pflegepersonal, physikalische Therapeuten aber auch Kunst-, Musik- und Feldenkrais-Therapeuten sowie der Sozialdienst kümmern sich gemeinsam um das Wohl unserer Patienten. Wir behandeln Schmerzen ganzheitlich und arbeiten mit dem biopsychosozialen Modell. Biopsychosozial bedeutet, wir berücksichtigen bei der Behandlung unserer Patienten den körperlichen Zustand, die Fitness, mögliche Belastungen oder Operationen. Psychisch bedeutet dabei, psychische Beeinträchtigungen durch chronischen Schmerz, wie Ängste, Stimmungsschwankungen oder Schlafstörungen; sozial meint, die Rollenerfüllung im Alltag in Beruf oder Familie. Wir setzen auf Hilfe zur Selbsthilfe und geben unseren Patienten einen Rucksack an Strategien an die Hand: Neben der Einnahme von Medikamenten sind im Rucksack auch aktive und entspannende Methoden. Ziel ist nicht die Schmerzfreiheit, die kann ich nicht versprechen, sondern Linderung und Umgang mit dem Schmerz.
Psychosomatik Online: Fibromyalgie-Patienten leiden besonders darunter, dass es keine klare Ursache für ihre Krankheit gibt. Was können Sie für diese Patienten tun?
Dr. Burtscher: Neben der multimodalen Schmerztherapie bieten wir den Patienten an, sich stärker zu vernetzen. Seit ein paar Jahren existiert eine regionale Selbsthilfegruppe mit Fibromyalgie Syndrom in Bayern. Jedes Jahr laden wir diese zu einer Veranstaltung in die Schön Klinik Harthausen ein, um über dieses Krankheitsbild und deren Behandlungsmöglichkeiten aufzuklären. So helfen wir, Menschen mit dieser Erkrankung zu vernetzen, was sehr sinnvoll ist. Denn wenn man andere kennt, die die gleichen Probleme haben, ist der Umgang mit dem eigenen Krankheitsbild leichter. In diesem Jahr besuchten 60 Teilnehmer unsere Veranstaltung, was zeigt, wie hilfreich ein solches Format für die Betroffenen ist.
Psychosomatik Online: Was können die Patienten selbst für sich tun? Raten Sie ihnen zu Sport oder eher nicht?
Dr. Burtscher: Viele Patienten mit Fibromyalgie Syndrom fragen mich, ob sie trotz Schmerzen Sport treiben dürfen und wenn ja, welchen. Sport ist wichtig und notwendig, aber jeder sollte die eigenen körperlichen wie psychischen Leistungsgrenzen kennen. Ich rate dann zu Sportarten, die die Entspannung und Körperwahrnehmung fördern und die Balance schulen. Hierzu zählen zum Beispiel Qi Gong, Feldenkrais oder Yoga. Auch Radfahren, ein Spaziergang in der Natur, helfen dem Alltag für einige Zeit zu entkommen. Das motiviert.
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