Der Rettungsdienst bringt einen 44-jährigen Mann mit klaren Symptomen eines Schlaganfalls in die Notaufnahme. Die Diagnose Hirninfarkt bestätigt sich durch mehrere Untersuchungen. Bleibt nur die Frage, was den Schlaganfall ausgelöst hat.
Einem Bauarbeiter fällt es während der Arbeit plötzlich schwer, zu sprechen. Seine linke Gesichts- und Körperhälfte kann er teilweise nicht mehr bewegen. Die Arbeitskollegen des 44-Jährigen rufen sofort den Notarzt. Für die Ärzte in der Klinik ist der Fall sofort klar: Die Hemiparese, Dysarthrie und Fazialisparese deuten auf einen Schlaganfall hin. Die Ärzte nehmen zudem einen Hautausschlag am Bein zur Kenntnis.
Eine sichere Diagnose
Mittels MRT und Magnetresonanzangiographie (MRA) sichern sie ihre Diagnose, bei dem Mann liegt ein Verschluss der Arteria cerebri media sowie verminderter Blutfluß in der Arteria carotis interna vor. Eine CT-Angiographie zeigt mehrere verengte Hirngefäße.
Der Mann wird intravenös mit tPa (tissue Plasminogen activator) behandelt. Ein Echokardiogramm sowie Herzrhythmusüberwachung lassen keine Ursache für den Hirninfarkt erkennen. Die Ärzte vermuten, dass der Hautausschlag des Patienten womöglich mit dem Schlaganfall in Verbindung steht.
Mit einer IgE-Blutuntersuchung testen die Ärzte ihren Patienten auf Insektengiftallergien. Und tatsächlich: Die IgE-Level gegen Wespengift (i3) sind stark erhöht. Die Kollegen des Patienten erzählen, dass der Mann an diesem Tag von einer Wespe ins Bein gestochen wurde. Während sich unmittelbar ein Ausschlag bildete, traten die Symptome des Schlaganfalls erst etwa eine Stunde später auf.
Schlaganfall durch Wespengift
Laut behandelnder Ärzte sind bislang nur wenige Fälle bekannt, in denen Stiche einer Wespe oder Biene zu einem Schlaganfall führen. Meistens seien Betroffene dabei aber mehrfach gestochen worden. Mehrere Erklärungen kommen in Frage: Bestandteile des Wespengifts können zum Zusammenziehen der Blutgefäße, auch der im Gehirn, führen. Zusätzlich können die prothrombischenBestandteile des Giftes zum Verklumpen des Bluts führen und das Risiko eines Schaganfalls erhöhen. Im Zuge der allergischen Reaktion kann der Blutdruck stark absinken, wodurch das Gehirn mit Blut unterversorgt wird. Auch das erhöht das Schaganfall-Risiko.
Der Patient wird mit Acetylsalicylsäureund Atorvastatinbehandelt. Bei seiner Entlassung hat er bis auf leichte Lähmungserscheinungen in der linken Gesichtshälfte keine Beschwerden mehr.
Quelle:
Ischemic Stroke After Wasp Sting. DeGeorgia et al., Journal of Emergency Medicine, doi: 10.1016/j.jemermed.2016.06.016; 2018
Artikel von Anke Hörster