Mit starken Bauchschmerzen und Durchfall stellt sich ein 13-jähriger Junge in einer Klinik vor. Die behandelnden Ärzte kommen durch eine Koloskopie schnell zu einer Diagnose. Als sie den Teenager behandeln, gerät er in einen lebensbedrohlichen Zustand.
Ein 13-Jähriger stellt sich in der gastroenterologischen Abteilung einer Kinderklinik vor. Bei der Aufnahme klagt er über periumbilikale Bauchschmerzen, Übelkeit, Völlegefühl und unblutigem Durchfall. Der Patient erzählt, er leide nun schon seit 1,5 Jahren an immerwiederkehrenden Magenschmerzen und habe inzwischen schon zehn Kilogramm abgenommen. Andere Vorerkrankungen lägen nicht vor.
Bei der Aufnahme ist der Junge dehydriert und zeigt bei abdomineller Palpation eine diffuse Druckempfindlichkeit. Ein Ultraschall des Abdomens zeigt eine leichte Hepatosplenomegalie mit örtlich geschwollenen Lymphknoten und leichter Aszites. Die Ärzte ordnen eine Endoskopie des oberen und unteren Magen-Darmtrakts an.
Die Ärzte sind sich in der Diagnose sicher
Die Gastroskopie ist unauffällig; bei der Koloskopie finden die Ärzte allerdings Abschnitte entzündeter Schleimhaut und Abschnitte mit tiefen Ulzerationen vor. Aufgrund weiterer Untersuchungen schließen die Ärzte Hepatitis B und C, HIV, Tuberkolose sowie Infektionen mit dem Cytomegalovirus (CMV) und Clostridium difficile aus. Aufgrund der endoskopischen Befunde sind sich die Ärzte in ihrer Diagnose sicher: Morbus Crohn.
Zur Behandlung erhält ihr Patient eine erste Dosis Infliximab. Seltsamerweise verbessert sich sein Zustand jedoch nicht. Die Ärzte geben ihm eine weitere Dosis. Danach verschlimmert sich der Zustand zusehends und der Junge bekommt blutigen Durchfall.
Was ist die Ursache seiner Beschwerden?
Die Ärzte veranlassen eine weitere Koloskopie. Histopathologische Untersuchungen der Biopsate zeigen granulomähnliche Knötchen und Pilzstrukturen. Endlich können die Ärzte die Ursache ermitteln: Der Patient ist mit dem Pilz namens Paracoccidioides brasiliensis infiziert. Der Junge leidet an der Südamerikanischen Blastomykose. Unbehandelt verläuft diese oft tödlich.
Nur noch Komplikationen
Ihr Patient bekommt intravenös und anschließend oral Cotrimoxazol verabreicht. Die Behandlung führt wieder nicht zum erwünschten Ergebnis. Ganz im Gegenteil: Das Antibiotikum löst bei dem Jungen eine heftige Reaktion aus, er erleidet das sogenannte DRESS-Syndrom (Drug Rash with Eosinophilia and Systemic Symptoms). Dabei handelt es sich um eine seltene Arzneimittelreaktion mit Fieber, generalisiertem Exanthem und Anstieg der Leberwerte. Das DRESS-Syndrom kann unterschiedlich schwer verlaufen und stellt eine potenziell lebensbedrohliche Situation dar.
Auf der Intensivstation wird der Junge schließlich mit den Antimykotika Amphotericin B und Itraconazol behandelt. Schnell verbessert sich sein Zustand und er kann die Intensivstation wieder verlassen. Eine durchgeführte Koloskopie beim Kontrolltermin zeigt, dass die Darmschleimhaut allmählich ausheilt.
Die Ärzte räumen in ihrem Bericht ein, dass sie den Jungen mit der Falschdiagnose und vorschnellen Behandlung mit Infliximab in einen kritischen Zustand gebracht haben. Die Diagnose erwies sich aus mehreren Gründen als schwierig: Frauen und Kinder sind selten von einer Infektion mit Paracoccidioides brasiliensis betroffen, häufiger tritt die Infektion bei Männern über 30 auf. Außerdem befällt der Pilz vorwiegend die Schleimhäute in Nase und Nebenhöhlen, die Haut und die Lunge. Bei dem Jungen war jedoch ausschließlich die Schleimhaut im Gastrointenstinaltrakt befallen.
Quelle:
Intestinal paracoccidioidomycosis resembling Crohn’s disease in a teenager: a case report. EA Lomazi et al., Journal of Medical Case Reports, doi: 10.1186/s13256-018-1641-z; 2018
Artikel von Anke Hörster