Aufgrund bilateraler axillärer Lymphknotenschwellungen stellt sich eine 30-jährige Frau im Krankenhaus vor. Seit mehr als zwei Wochen nähmen diese an Größe zu, weitere Krankheitssymptome oder B-Symptomatik verneint sie. Die medizinische Vorgeschichte der Patientin umfasst Cluster-Kopfschmerz und eine Operation zur Brustvergrößerung im Alter von 19. Sie ist Nichtraucherin und nimmt ein orales Kontrazeptivum ein.
Bei der körperlichen Untersuchung sind in der Achselhöhle zahlreiche Lymphknoten deutlich vergrößert, von gummiartiger Konsistenz und schlecht verschieblich – ein Befund, der eher für eine bösartige Veränderung spricht. Labordiagnostik und Bildgebung liefern keine eindeutige Diagnose. Die Ärzte vermuten zunächst ein Lymphom, denn im PET-CT ist ein für aggressive Lymphome typischer erhöhter Glukoseumsatz sichtbar. Als jedoch bei Exstirpation eines Lymphknotens eine starke Pigmentierung auffällt, hält man ein malignes Melanom für wahrscheinlicher. Der „schwarze Hautkrebs“ metastasiert früh und häufig und kann dabei pigmentierte Knoten hervorrufen.
Das Mikroskop bring den Durchblick
Die histopathologische Untersuchung des Knotens bringt schließlich Entwarnung und Verwunderung zugleich. Dort ist deutlich eine granulomatöse Entzündung mit zahlreichen pigmentgeladenen Makrophagen sichtbar.
Bei der Suche nach der Ursache der entzündungsverursachenden Pigmente rücken zwei große schwarze Tattoos ins Augenmerk der Ärzte. Diese befinden sich seit bereits 15 Jahren auf Rücken und Schulter der Patientin. Eine hypersensitive Reaktion auf ein Tattoo nach so langer Zeit ist extrem ungewöhnlich, doch auf Nachfrage erinnert sich die junge Frau, dass die Tattoos seit Jahren gelegentlich jucken und leicht geschwollen sind.
Eine Behandlung war nicht weiter nötig – nach der Verschreibung von Cremes wurde die Patientin zehn Monate beobachtet. Die Lymphknotenschwellung ist seitdem nicht wieder aufgetreten. Die Ärzte schließen ihren Bericht mit dem Appell, bei den zahlreichen Differentialdiagnosen von geschwollenen Lymphknoten auch Tätowierungen der Patienten nicht außer Acht zu lassen.
Quelle:
Tattoo Pigment–Induced Granulomatous Lymphadenopathy Mimicking Lymphoma;
Jad Othman et al., Annals of Internal Medicine, doi: 10.7326/L17-0424
Artikel von Maren Böcker