Das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) schlägt Alarm: Kaum von der Öffentlichkeit beachtet, nimmt die Zahl an Gonorrhö-Infektionen stetig zu. Wissenschaftler berichten immer häufiger von Resistenzen.
Ende Mai hat das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) seinen neuesten epidemiologischen Bericht vorgestellt. Das Dokument bietet kaum Anlass zur Freude. Seit 2008 hat sich die Zahl an Infektionen mit Neisseria gonorrhoeae quasi verdoppelt. Ein Ende dieses Trends zeichnet sich nicht ab. Wie das ECDC weiter berichtet, gibt es regional starke Unterschiede. Insgesamt gelang es Forschern, 66.413 Fälle in 27 Ländern Europas auszuwerten. An der Spitze steht Großbritannien mit 60 Fällen pro 100.000 Menschen, gefolgt von Irland (28/100.000), Dänemark (20/100.000) und Lettland (18/100.000). Wie viele Menschen jährlich in Deutschland an einer Gonorrhö erkranken, lässt sich nicht genau sagen. Bereits 2001 wurde die bundesweite Meldepflicht abgeschafft. Sachsen hielt an der Meldepflicht für Gonorrhö fest. Im Jahr 2013 wurden insgesamt 735 Fälle erfasst, zehn Jahre zuvor waren es noch 297. Zum Vergleich: Für die USA geben die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) 350.062 Fälle an, Stand 2014. Das entspricht rund 111 Infektionen pro 100.000 Menschen. Quelle: ECDC
Eine weitere Besonderheit: In Europa sind laut ECDC erstmals sind mehr Frauen als heterosexuelle Männer betroffen. Patientinnen drohten Entzündungen der inneren Geschlechtsorgane, warnt die Behörde. Schwangere übertragen die Infektion bei der Geburt auf ihr Kind, es kommt zur als Gonokokken-Konjunktivitis. Gynäkologen setzen auf eine sogenannte Credé-Prophylaxe. Sie geben Erythromycin-haltige Augentropfen in den Konjunktivalsack des Säuglings. Alternativ kommen Povidon-Iod oder Silbernitrat als wässrig-verdünnte Lösungen zum Einsatz. Neisseria gonorrhoeae ist gegen Silbersalze empfindlich. Das erste, ab 1897 verfügbare Therapeutikum war Protargol: ein Silber-Protein-Komplex.
Quelle: BZgA Ansonsten verordnen Ärzte leitliniengerecht Azithromycin plus Ceftriaxon oder Cefixim. Gegen Penicilline oder Fluorchinolone sind die Erreger weitgehend resistent. Laut European Gonococcal Antimicrobial Surveillance Programms (Euro-GASP) kommen Resistenzen gegen Azithromycin immer häufiger vor, während es bei Ceftriaxon oder Cefixim keine neue Entwicklung gibt. Bleibt noch die Möglichkeit, verstärkt auf Kondome hinzuweisen. Im Rahmen ihrer neuen Informationskampagne rät die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) umgehend zum Arztbesuch bei ersten Anzeichen sexuell übertragbarer Erkrankungen.