Während einer Pilatesübung spürt eine 42-jährige Frau einen aufploppenden, linksseitigen Schmerz im Nacken. Er lässt schnell nach, doch eine Stunde später entwickelt sie einen massiven Kopfschmerz. Ihr Arzt vermutet eine Verletzung des Musculus trapezius - doch Physiotherapie und Analgesie führen zu keiner Besserung.
Der Kopfschmerz nimmt kontinuierlich zu und ist allein durch Ruhe zu mildern. Ihr Hausarzt vermutet als Ursache eine Verletzung des Musculus trapezius und verschreibt physiotherapeutische Behandlungen. Die Patientin nimmt diese in den folgenden 4 Wochen regelmäßig wahr, doch die Schmerzen schränken sie im Alltag massiv ein. Einfache wie opioide Analgetika zeigen keine Wirkung, weshalb sie verschiedene Ärzte aufsucht. Eine Kopf- oder Wirbelsäulenverletzung, Migräne oder Meningitis werden als Ursachen ausgeschlossen. Bei der neurologischen Untersuchung ist der Hirnnervenstatus regelrecht und es ergeben sich keine Auffälligkeiten des peripheren Nervensystems.
Bildgebung verschafft Klarheit
In der Neurologie des Kings College Hospitals wird schließlich ein CT durchgeführt, das bilateral subdurale Flüssigkeitsansammlungen sowie eine Kaudalverlagerung des Kleinhirns zeigt. Die Ursache hierfür findet sich in MRT-Aufnahmen ihres Spinalkanals. Dort ist eine massive extradurale Ansammlung von Liquorflüssigkeit sichtbar. Die Pilatesübung hatte scheinbar zu einem Riss der harten Hirnhaut geführt, wodurch eine spontane intrakranielle Hypotension (SIH) entstand. Typische Symptome sind Kopfschmerzen, die in Flachlagerung abnehmen, sowie Diplopie, Hörverlust, Schwindel und Meningismus. Typische Zeichen im MRT sind pachymeningeale Anreicherungen, eine kaudale Hirnverlagerung und subdurale Flüssigkeitsansammlungen.
Kaffee gegen den Schmerz
Die Ärzte behandeln die Patientin zunächst konservativ mit Bettruhe und koffeinhaltigen Getränken, damit sich das Duraleck selbstständig schließen kann. Das Koffein wird eingesetzt, um die Erweiterung der Gehirngefäße wieder rückgängig zu machen und den Kopfschmerz zu lindern. Sie spricht darauf gut an, was die alternative Therapie mit einem epiduralen Blut-Patch überflüssig macht. Dabei wird aus einer Armvene entnommenes Blut in den Epiduralraum rund um das Liquorleck injiziert, um es durch Hämatom-Bildung abzudichten. Zwei Wochen später wird sie beschwerdefrei entlassen.
Quelle:
Spontaneous cerebrospinal fluid leak following a pilates class: a case report. Davis et al., Journal of Medical Case Reports, doi: 10.1186/1752-1947-8-456
Artikel von Maren Böcker