Der Trend zur operativen Verschönerung und ihren medizinischen Möglichkeiten steigt immer weiter an. Während Operationen für straffe Brüste längst alltäglich sind, tauchen inzwischen extremere Eingriffe im Intimbereich, wie zum Beispiel Schamlippenkorrekturen, vermehrt auf. Doch wie weit ist die Spanne zwischen operativen Eingriffen aus medizinischen Gründen und denen aus reinem Schönheitswahn?
Das plastische Spektrum reicht von Brustrekonstruktion über Mastektomie bis hin zur Operation gesunder Genitalien. Die Einsatzbereiche der ästhetischen Chirurgie vervielfältigen sich laufend.
Schon seit dem 19. Jahrhundert besteht die plastische Chirurgie in den Bereichen Nasen-, Lippen- und Hautplastik. Spätestens die Folgen des ersten Weltkrieges beschleunigten das Wachstum der rekonstruktiven Chirurgie. 1920/21 erfolgte die erste dokumentierte Brustverkleinerung in Deutschland. Vierzig Jahre später wurden Silikonimplantate eingeführt. Heutzutage ist an fast jedem Körperteil ein Korrektureingriff möglich.
Alltag der Brustvergrößerung
Bei der fachlich benannten Mamma-Augmentation, handelt es sich mit über 23.000 Operationen um den zweithäufigsten ästhetisch-plastischen Eingriff in Deutschland. Die Vergrößerung der Mamma wird aus unterschiedlichen Gründen durchgeführt, dabei ist der Wunsch nach einem idealeren Schönheitsbild bei allen Frauen gleichermaßen der Auslöser. Die Patientinnen leiden rein körperlich unter keinerlei Beeinträchtigung. Allerdings stecken oft psychosoziale Gründe wie Unzufriedenheit, geringes Selbstvertrauen und Probleme im Sexualleben hinter der Entscheidung, sich dem „verschönernden“ Eingriff zu unterziehen. Gewebeveränderung der Brust nach einer Schwangerschaft ist ebenfalls ein häufiger Beweggrund. Dabei spielt das Alter, sofern adult mit abgeschlossenem Körper-und Brustwachstum, keine Rolle. Medizinisch gesehen stellt eine Brustvergrößerung keinen komplexen Eingriff dar. Generell werden immer nur Größen empfohlen, die zum restlichen Körper passen. Beim Eingriff kann zwischen zwei Implantaten gewählt werden: Implantate, die mit Silikongel oder mit Kochsalzlösung gefüllt sind.
Anschließend gibt es zwei Möglichkeiten des Einsetzens: subglandulär direkt unter die Brustwarze oder submuskulär hinter den Musculus pectoralis major. Die Implantatlage ist entscheidend für die Auffälligkeit des Eingriffs bzw. der „gemachten“ Brust. Zudem ist ein Implantatwechsel innerhalb von 20 Jahren meist unumgänglich: Entweder weil das Gewebe durch eine Kapselfibrose verhärtet, die Brüste anfangen zu hängen oder die Patientin aufgrund von Alterungsprozessen oder Schwangerschaft eine erneute Korrektur wünscht.
Apropos Schwangerschaft, wie verhält es sich dabei mit Brustimplantaten? Das Stillen nach der Schwangerschaft stellt mit Implantaten keine Schwierigkeiten dar. Um die Brustdrüse zu schonen und späteren Milchstau zu vermeiden ist der Zugangsweg über die Achselhöhle vorteilhafter. Zusätzlich ist auch der Weg über die Warze ist nicht unmöglich, so lange der Chirurg das Drüsengewebe nicht beschädigt.
Brustrekonstruktion nach Brustkrebs – schadet Eigenfett?
Nach erfolgreichem Kampf gegen das Mammakarzinom mit erforderlicher Mastektomie wünschen sich viele Frauen, dass der Brustbereich möglichst wie zuvor aussieht. Doch nur ein kleiner Anteil weiß über die unterschiedlichen Möglichkeiten des Brustaufbaus Bescheid. Sowohl eine Wiederherstellung mit Eigengewebe (autologe Brustrekonstruktion) als auch Silikonimplantate (implantatbasierte Brustrekonstruktion) sind dann mögliche Verfahren. Die Frage, ob eine postmastektomiale Bestrahlung erfolgen muss oder nicht, ist entscheidend für die Anwendung einer sofortigen – oder sekundären Rekonstruktion. Bei Bestrahlung wird die sekundäre Wiederherstellung empfohlen.
Danach muss sowohl nach Wünschen der Frau, als auch nach Haut-und Fettgewebezustand entschieden werden, ob Eigengewebe oder Silikonimplantate verwendet werden können. Studien haben gezeigt, dass eine Postektomiebestrahlung vor oder nach einer Brustrekonstruktion mit Silikonimplantaten die Komplikationsrisiken wie Wundinfektion, Hautnekrose und Kapselkontraktionen steigern.
Ist eine Bestrahlung nötig, wird die autologe Rekonstruktion nach der Bestrahlung favorisiert. Doch das autologe Verfahren birgt aus onkologischer Sicht das Risiko des Brustkrebs Rezidivs. Durch Implantation von Fett- und Stammzellen wird eine Induktion alter verbliebener oder neu entstehender Krebszellen gefürchtet.
Vorsorgeuntersuchungen für einen Rezidivausschluss wie Mammographie und das Abtasten der Brust werden durch Implantate erschwert, sind aber nicht unmöglich. Der durchführende Chirurg sollte detailliert über Vor- und Nachteile aufklären.
Der neue Genitalkosmetik-Trend
Während Ärzte sowohl bei Brust-Augmentation, als auch Brustrekonstruktion einig bei der Beratung über Vor- und Nachteile einer Operation sind, stößt der neue Hype der Intimchirurgie auf weniger Konsens. Fachleute räumen ein, dass auch bei der Schamlippen verkleinernden Labioplastik psychische Belastungen nebst sportlicher Beeinträchtigung eine Rolle spielen können. Dagegen werden G-Punkt Unterspritzungen grundsätzlich als eher fragwürdiges Verfahren eingestuft.
Unter dem Strich ist die Gefahr hoch, dass die Patientinnen körperliche und seelische Schmerzen als Vorwand nutzen, um dem Schönheitsideal der „Designer-Vagina“ näher zu kommen. Eine medizinische Indikation für den radikalen Einsatz einer vaginalen Schamlippenkorrektur liegt bei rein kosmetischen Eingriffen nicht vor. Stattdessen stellen die Operationen ein Risiko bleibender Schäden wie Wundheilungsstörungen, Sensibilitätsstörungen und Infektionen dar. Nach Statistik der DGPRÄC (Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen) wurden 2014 mit 4000 Schamlippenkorrekturen die häufigsten intimchirurgischen Eingriffe durchgeführt. In den Jahren davor waren es sogar über 5000 Operationen. Doch eine genaue Tendenz ist schwer zu erfassen, da ästhetisch-plastische Eingriffe mittlerweile auch von fachfremden Ärzten vorgenommen werden – viele Operationen laufen deswegen unter dem offiziellen Radar.