Einer kürzlich veröffentlichten Studie zufolge sterben Frauen, die regelmäßig Gottesdienste besuchen, seltener an kardiovaskulären oder malignen Erkrankungen. Methodisch wirft die Arbeit etliche Fragen auf.
In Deutschland stehen laut Angaben des Statistischen Bundesamts (DESTATIS) Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit 338.056 Todesfällen pro Jahr auf Platz eins, dicht gefolgt von Krebsleiden (223.758 Personen). Wissenschaftler versuchen seit Jahren, nicht nur Risiken aufzudecken, sondern auch protektive Faktoren zu identifizieren. Laut Shanshan Li aus Boston, Massachusetts, spielen Kirchenbesuche hier eine zentrale Rolle. Li hat zusammen mit Kollegen Daten der Nurses‘ Health Study ausgewertet. Rund 75.000 Frauen wurden zwischen den Jahren 1996 und 2000 zu ihren religiösen Aktivitäten befragt. Sie waren zu diesem Zeitpunkt etwa 60 Jahre alt. 19 Prozent gingen mehr als einmal pro Woche zur Kirche, 41 Prozent einmal pro Woche, 16 Prozent weniger als einmal pro Woche, und 24 Prozent blieben Gotteshäusern komplett fern. Dabei zeigten sich auch soziale Unterschiede. Fromme Frauen hatten etwas mehr engere Freunde und verbrachten häufiger Zeit in Gruppen. Jetzt untersuchte Li, welche Unterschiede es bei der Mortalität gab. Innerhalb von 16 Jahren starben rund 13.500 Teilnehmerinnen der Studie. Kardiovaskuläre Erkrankungen standen an erster Stelle (4.500 Frauen), gefolgt von Krebserkrankungen (2.700 Frauen).
Anschließend korrigierte die Forscherin ihre Daten um bekannte Risikofaktoren sozialer und medizinischer Natur. Bei Frauen, die Kirchen lieber von außen sahen, fand sie 1,8 Todesfälle pro 100 Personenjahre. Gelegentliche Gottesdienstbesuche verringerten diesen Wert um 29 Prozent, und häufige Kirchgänge sogar um 45 Prozent. Das entspricht, umgerechnet auf die gesamte Studiendauer, sechs Monaten mehr Lebenszeit. Bei kardiovaskulären Todesfällen reduzierte sich das Risiko um 27 Prozent, und bei krebsbedingten Todesfällen um 21 Prozent. Als Erklärung vermutet Shanshan Li gesündere Lebensweisen, aber auch mehr psychische Widerstandsfähigkeit. Ihre Arbeit ist nicht frei von Bias.
Dass Li Kirchenbesuchen einen hohen Stellenwert einräumt, ist methodisch äußerst fragwürdig. Wer es regelmäßig in ein Gotteshaus schafft, hat zumindest keine schweren Krankheiten. Details zur Gruppe ohne Kirchenbesuch brachte die Forscherin jedoch nicht in Erfahrung. Ein Aspekt: Welche Rolle spielen säkulare, gesellschaftliche Aktivitäten wie Vereine in diesem Zusammenhang?