Die bei Touristen beliebte Droge Ayahuasca aus dem Amazonas-Gebiet führt oft zu nahtodähnlichen Erlebnissen. Eine Studie zeigt: Es sind die gleichen Effekte, von denen Patienten nach erfolgreicher Reanimation eines Herzstillstands berichten. Was ist über das Phänomen bekannt?
Indigene Völker brauen seit Jahrtausenden aus diversen Regenwaldpflanzen den berauschenden Absud „Ayahuasca“. Er enthält N,N-Dimethyltryptamin (DMT) als halluzinogene Verbindung. Das Derivat wirkt als Agonist an Serotonin-Rezeptoren bzw. am Sigma-1-Rezeptor. Immer öfter kommen Touristen in den zweifelhaften Genuss von „Ayahuasca“, das sie von Schamanen gegen ein paar Dollar verabreicht bekommen.
Kürzlich veröffentlichte Studienergebnisse von Neurowissenschaftlern bestätigen das, was Konsumenten häufig von ihrem Rausch berichten: DMT erzeugt Wahrnehmungen und Erlebnisse, die einer Nahtoderfahrung sehr ähnlich sind. Die Verbindung ist auch in synthetischer Form erhältlich, wodurch gezielte Experimente möglich sind.
Das Phänomen ist in der Medizin vor allem von Überlebenden eines Herzstillstands bekannt. Zwischen elf und 23 Prozent dieser Patienten berichten von Nahtod-Erlebnissen, wie aus einer älteren Studie hervorgeht. Die Autoren vermuten, dies liege an steigenden Kohlendioxid-Werten im Blut.
Ein Team um Christopher Timmermann vom Imperial College London hat für seine randomisierte Studie 13 freiwillige Probanden rekrutiert. Sie waren im Schnitt 34 Jahre alt, hatten bereits Vorerfahrungen mit psychedelischen Drogen und keine psychischen Erkrankungen. Im ersten Schritt bekamen sie ein Placebo gespritzt und eine Woche später die Substanz DMT. Die Studienteilnehmer wussten selbst nicht, in welcher Spritze DMT enthalten war. Das DMT wurde in einer Dosierung von 7,0 bis 20,0 mg verabreicht. Der Effekt unter Verum setzte rasch ein, erreichte nach zwei bis drei Minuten sein Maximum und ließ ab der 20. Minute langsam nach. Anschließend erhielten sie die Near-death Experience Scale (NDE), das Ego Dissolution Inventory (EDI) und den Mystical Experiences Questionnaire (MEQ). Alle drei Scores fragen Wahrnehmungen, Erlebnisse und Empfindungen ab.
„Bei allen Teilnehmern induzierte DMT eine Nahtod-Erfahrung“, schreibt Timmermann. In einem Fall hätte sogar Placebo dazu geführt. Im nächsten Schritt verglich Timmermann die Erlebnisse einer Stichprobe der DMT-Probanden mit Erfahrungen von 67 Personen, die über Nahtoderfahrungen aufgrund schwerer gesundheitlicher Zwischenfälle berichtet hatten. Sie waren in fast allen Punkten der verwendeten Scores vergleichbar.
Die Studienergebnisse legen nahe, dass unter DMT erzeugte Nahtod-Erlebnisse einer „natürltichen Nahtoderfahrung“ ähneln. Zu betonen ist allerdings, dass die Ergebnisse aufgrund der geringen Anzahl an Probanden nur eingeschränkt aussagekräftig sind. DMT wirkt am 5-HT2A-Rezeptor als Serotoninagonist, dadurch erhöht sich die Aktivität im Temporallappen. Warum dies mit Nahtod-Erfahrungen in Verbindung steht, muss erst erforscht werden. In der Studie von Timmermann sind darauf keine Antworten zu finden.