Enzymatische Thrombolysen sind zum Goldstandard geworden, um einen ischämischen Insult zu therapieren. Patienten mit sehr leichtem Verlauf profitieren allerdings nicht davon, sondern haben höhere Blutungsrisiken. In einer Studie verglichen Neurologen nun die Lyse- mit der ASS-Therapie.
Beim Hirninfarkt kommt es u.a. durch Thromben zur Ischämie des Gehirns. Haben Ärzte intrazerebrale Blutungen ausgeschlossen, versuchen, sie, den Thrombus enzymatisch aufzulösen. Dabei kommen meist Fibrinolytika wie Alteplase, Reteplase oder Tenecteplase zum Einsatz. Die Therapie gilt als Goldstandard, ist aber nicht frei von Risiken. Als Komplikation können schwere Blutungen auftreten, die von medizinisch unentdeckten Quellen wie Aneurysmen ausgehen. Deshalb haben sich amerikanische und kanadische Ärzte die Frage gestellt, ob Patienten mit leichtem ischämischen Insult überhaupt von einer Lyse profitieren. Ihren Äußerungen zufolge, falle etwa ein Drittel aller Schlaganfälle in diese Kategorie. Die Studie wurde von Genentech, Hersteller des Präparats Alteplase, finanziert.
Patienten verzweifelt gesucht
Ursprünglich sollten 948 Patienten mit leichtem Schlaganfall an der Studie teilnehmen. Für die Einschätzung arbeiten Neurologen mit der National Institutes of Health Stroke Scale (NIHSS). Hier werden unterschiedliche Funktionsausfälle quantifiziert, beispielsweise Einschränkungen der Bewusstseinslage/Vigilanz (0-3 Punkte), der Orientierung (0-2 Punkte) und viele mehr. In der Summe sind maximal 42 Punkte möglich.
Die Patienten hatten NIHSS-Score von 5 oder weniger Punkten, was sehr leichten Schlaganfällen entspricht. Da der Hersteller Probleme hatte, ausreichend viele Teilnehmer zu finden, brach er seine Rekrutierung Ende 2016 beim Stand von 313 Patienten ab. Zu 281 von ihnen konnten jetzt die Daten ausgewertet werden. Sie hatten durchschnittlich 2,7 Stunden nach Beginn ihrer Symptome randomisiert Alteplase plus ein orales Placebo oder orale Acetylsalicylsäure plus ein intravenöses Placebo erhalten.
Kein Benefit der Lyse gegenüber ASS
Als primären Endpunkt definierten Forscher 0-1 Punkte auf der modifizierten Rankin-Skala (mRS), also keine Symptome oder keine relevante Beeinträchtigung nach Abschluss der Akutbehandlung. Dieses Ziel erreichten in der Lysegruppe 122 Patienten (78,2 Prozent) und in der ASS-Gruppe 128 Patienten (81,5 Prozent). Es gab keinen statistisch signifikanten Unterschied bei der Wirkung, aber sehr wohl bei den Nebenwirkungen: Fünf Teilnehmer erlitten unter der Lyse Hirnblutungen. In der Vergleichsgruppe gab es keinen einzigen Fall. Einem begleitenden Editorial zufolge könne die Behandlung mit ASS bei leichtem Verlauf also sinnvoller sein.