Psychische Störungen können mit Fehlfunktionen der Schilddrüse zusammenhängen. Doch ist das auch bei Menschen mit subklinischen Schilddrüsenerkrankungen der Fall? Und welche Effekte auf die Psyche hat Hashimoto-Thyreoiditis? Zwei Studien untersuchten das genauer.
Bei erstmaligen Hinweisen auf psychische Störungen sollten Ärzte auch immer die Schilddrüse unter die Lupe nehmen. Laut Lehrbüchern sind Patienten mit Hyperthyreose häufig nervös oder aggressiv, teilweise aber auch ängstlich. Im Unterschied dazu fallen bei der Hypothyreose depressive Verstimmungen, Müdigkeit, Erschöpfung oder Konzentrationsstörungen auf. Doch wie ist der Fall bei Hashimoto-Thyreoiditis und subklinischen Schilddrüsenerkrankungen? Damit befassten sich nun zwei neue Studien.
Hashimoto-Thyreoiditis als Risikofaktor für psychische Erkrankungen
Eva-Maria Siegmann von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg befasste sich speziell mit dem Zusammenhang zwischen Depression und Hashimoto-Thyreoiditis. Das Krankheitsbild dieser Schilddrüsen-Autoimmunerkrankung ist komplex. Durch den Untergang von Schilddrüsengewebe kommt es in der Folge zur Freisetzung intrazellulär gespeicherter Schilddrüsenhormone. Dadurch kann die Krankheit in frühen Stadien an eine Hyperthyreose erinnern. Oft kommt es erst dann zu Beschwerden, wenn durch den Mangel an Schilddrüsenhormonen die Hypothyreose einsetzt.
Für ihre Übersichtsarbeit und Metaanalyse fand Siegmann rund 36.174 Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis in Datenbanken. Das Depressionsrisiko war in der Gruppe mit der Autoimmunerkrankung um den Faktor 3,56 höher und Angststörungen waren 2,32-mal häufiger. Ihre Ergebnisse sprechen dafür, dass es wichtig ist, die Krankheit möglichst früh zu erkennen und zu behandeln, um das Auftreten psychischer Störungen zu verhindern.
Leichte Unterfunktion oft irrelevant
Mehr oder minder zeitgleich veröffentlichte Ji Sun Kim vom Kangbuk Samsung Hospital, Seoul eine prospektive Kohortenstudie mit 220.545 Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen. Alle Probanden hatten zu Studienbeginn keine Depressionen. Sie wurden zwischen dem 1. Januar 2011 und dem 31. Dezember 2014 mindestens zweimal labordiagnostisch untersucht – einschließlich der Schilddrüsen-Parameter T3, T4 und TSH.
Zur Einschätzung des medizinisch relevanten Depressionsrisikos nutzte Kim die Center of Epidemiologic Studies Depression Scale. Bei 7.323 Teilnehmern traten während des Follow-Ups Depressionen auf. Im nächsten Schritt verglich Kim Probanden mit Schilddrüsenwerten im Normalbereich und Probanden mit einer subklinischen Hypothyreose.
Zwischen beiden Gruppen gab es, gemessen am Depressionsscore, keine statistisch signifikanten Unterschiede (Hazard Ratio (HR): 0,97 (95% Konfidenzintervall (CI) 0,87-1,09)). Allerdings war die Nachbeobachtungsdauer vergleichsweise kurz.
Angesichts dieser Ergebnisse scheint kein Zusammenhang zwischen subklinischer Hypothyreose und Depressionen zu bestehen. Damit ändert sich jedoch nichts an den Vorgaben, die Schilddrüse bei psychischen Leiden gründlich zu untersuchen.