Es wirkt zu schön: Ein Weihnachtsmann, der am Nordpol mit Elfen lebt, das ganze Jahr Kakao schlürft und an Heiligabend die Geschenke verteilt. Auch der Nikolaus und seine Süßigkeiten haben ihren Reiz. Doch wie kann die Glaubenskraft erklärt werden? Und kann mit medizinisch negativen Folgen gerechnet werden, wenn die Blase der weihnachtlichen Welt platzt?
Die ersten Schritte. Das erste Mal „Mama“ und „Papa“. Das sind spannende Momente im Leben jedes Elternpaares. Mindestens genauso faszinierend sind die kognitiven Denkschritte der Kleinen.
Schon mit wenigen Monaten sind Säuglinge in der Lage, erste Sinneseindrücke ihrer Umgebung und Kontaktpersonen zu verarbeiten. Zu Beginn ist hierbei nicht alles leicht zu verstehen: Bis zum achten Lebensmonat existieren lediglich die Gegenstände und Personen, die das Kind vor seinen Augen sieht. Der berühmte Schweizer Entwicklungspsychologe Piaget spricht von fehlender Objektpermanenz. Erst in den kommenden Monaten versteht das Kind, dass es nicht schreien muss, wenn es Mama oder Teddy aus den Augen verloren hat. Dies ist nur ein Beispiel von vielen Denksprüngen bis zum Erwachsensein.
Magische Entwicklung
Die Fähigkeit einer räumlichen Vorstellung erlangen Kinder ungefähr im zweiten Lebensjahr. Danach beginnen sie Gegenstände und Handlungen zu „erdenken“. Dabei können Gedanke und Tun noch verwechselt werden. Ab dem dritten Lebensjahr erkennen Kinder in ihrem Handeln Ursache und Wirkung. Wichtig: ihre Gedanken sind Ich-bezogen. Ursache ist stets eigenes Handeln oder Denken – Empathie folgt erst Jahre später.
Von nun an befinden sich die Kleinen in der sogenannten „Magischen Phase“. Aus Kindessicht ist hierbei alles möglich – jeder Wunsch und jede Vorstellung, egal ob schön oder schrecklich, kann eintreffen. Ein Grund für den intensiven Glauben an Märchen und zauberhafte Figuren. Das Denken wird ebenfalls von einer „magischen Logik“ bestimmt, in der versucht wird, Zusammenhänge eigens herzuleiten – ebenfalls durch magische Ideen wie: „Wolken regnen, weil sie traurig sind“. Diese bildhaften Vorstellungen werden nach dem fünften bis sechsten Lebensjahr allmählich durch realistisches Verständnis ersetzt. Schon im zwölften Lebensjahr liegen zur adulten „Denkfähigkeit“ keine großen Unterschiede mehr vor.
Doch was bedeutet das für unseren Nikolaus?
Da die Magische Phase vom dritten bis zum fünften Lebensjahr dauert, ist dieser Zeitraum meist noch vom Glauben an den Nikolaus begleitet. Eine Studie eines kanadischen Arztes mit 45 Kindern ergab, dass alle diese Kinder bis zum vierten Lebensjahr an Santa Claus, zu deutsch, dem Weihnachtsmann, glaubten. Im Alter von vier bis sieben glaubten nur noch 80% an den alten Mann mit Spielzeugwerkstatt. Da das Denken im Alter von sechs bis sieben Jahren allmählich logischer wird, ist klar, dass Grundschulkinder mit zunehmender Schulbildung und Allgemeinverständnis zurecht an der Existenz von Nikolaus und Weihnachtsmann zweifeln. Gleichzeitig steigt aber auch das Verständnis für das Motiv der Eltern, sodass der kleine Schwindel nicht als Vertrauensbruch angesehen wird. Kinder in dem Alter lernen sich in Rollen hineinzuversetzen und entwickeln immer mehr Empathie. Schließlich ist es keine Überraschung, dass die Kinder mit ihren Eltern auch weiterhin glücklich das Weihnachtsfest genießen – so lange der Nikolausstiefel weiterhin mit Schokolade, Nüssen und Geschenken befüllt wird.
Quellen:
https://www.kindergesundheit-info.de/themen/entwicklung/entwicklungsschritte/geistige-entwicklung/
https://www.kindergesundheit-info.de/themen/entwicklung/entwicklungsschritte/geistige-entwicklung/magische-phase/
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC137338/