Ab unserer Geburt sind mikrobielle Gemeinschaften im Darm zahlreichen Störfaktoren ausgesetzt. Dazu gehören Kaiserschnitte sowie künstliche Säuglingsnahrung, in erster Linie aber Arzneistoffe. Mögliche Folgen für unsere Gesundheit lassen sich schwer abschätzen.
Geheimnisvolles Mikrobiom: Über Jahrzehnte hinweg sind Forschern beim Versuch, die bakterielle Vielfalt im Darm genauer zu untersuchen, gescheitert. Viele Keime ließen sich schlichtweg nicht kultivieren. Seit spezifische Gensonden zur Verfügung stehen, sind detaillierte Einblicke in bakterielle Populationen möglich, wie mehrere Veröffentlichungen zeigen.
Martin J. Blaser aus New York und Ramnik J. Xavier aus Boston haben das kindliche Mikrobiom detailliert untersucht. Zu Beginn des Lebens reduzierten Kaiserschnitte oder künstliche Säuglingsnahrung die erwünschte Bakterienvielfalt. Vaginale Geburten, Stillen und Hautkontakte erweisen sich als positiv. Schlucken kleine Patienten während der ersten Lebensjahre wiederholt Antibiotika, verringert sich die bakterielle Vielfalt ebenfalls. Bei Kindern mit allergischem Asthma sind speziell Faecalibacterium, Lachnospira, Veillonella und Rothia (FLVR) zahlenmäßig reduziert. Fehlen kurzkettige Fettsäuren aus bakterieller Produktion, steigt das Risiko allergischer Erkrankungen. Butyrat und andere Moleküle scheinen regulatorischen T-Zellen des Immunsystems zu beeinflussen. Risikokinder könnten von FLVR-Gaben profitieren, um später nicht zu erkranken.
Auch im Erwachsenenalter drohen dem Mikrobiom zahlreiche Gefahren, wie Jeroen Raes aus Leuven berichtet. Wissenschaftler untersuchten 1.106 Stuhlproben des Belgian Flemish Gut Flora Project (FGFP) und weitere 1.135 Proben der Dutch LifeLines-DEEP study (LLDeep). Sie fanden heraus, dass nicht nur Antibiotika unser Mikrobiom beeinflussen. Antidepressiva, Benzodiazepine, Betablocker, Hormone respektive Antikontrazeptiva, Laxanzien, Protonenpumpenhemmer, Statine und Metformin hatten ebenfalls großen Einfluss auf bakterielle Gemeinschaften. Daneben fand Raes ungünstige Auswirkungen verschiedener Krankheiten. Er nennt neben Morbus Crohn und Colitis ulcerosa auch Depressionen oder Herzinfarkte. Ernährungsgewohnheiten hinterließen ebenfalls ihre Spuren. Bleibt als Fazit: Es gibt noch viel zu erforschen.