Ein weit verbreitetes Diuretikum soll laut einer aktuellen Studie das Hautkrebsrisiko erhöhen. Nahmen Patienten langfristig Hydrochlorothiazid ein, erkrankten sie häufiger an Plattenepithel- oder Basalzellkarzinomen. Sollten Ärzte lieber Alternativen verordnen?
Wie das Statistische Bundesamt (DESTATIS) berichtet, behandeln Ärzte in Deutschlands Kliniken immer häufiger Patienten mit Hautkrebs. Zwischen 2010 und 2015 kam es zu einem Anstieg um 17,1 Prozent. Gut drei Viertel (76,9 Prozent) wurden aufgrund des „hellen“ Hautkrebses behandelt. Dazu zählen kutane Plattenepithelkarzinome (cutaneous squamous-cell carcinoma, cSCC) und Basalzellkarzinome (basal cell carcinoma, BCC). Wie Forscher jetzt herausfanden, steht Hydrochlorothiazid (HCT) mit deutlich höheren cSCC- und BCC-Erkrankungsrisiken in Verbindung. Der Arzneistoff kommt bei arterieller Hypertonie, bei Ödemen und bei Herzinsuffizienz zum Einsatz. Er zählt zu den am häufigsten verordneten Diuretika in Europa und in den USA.
Sidsel Arnspang Pedersen vom Odense University Hospital in Dänemark wertete Daten eines regionalen Krebsregisters aus. Im Zeitraum zwischen 2004 und 2012 traten 71.533 BCC-Fälle beziehungsweise 8.629 SCC-Fälle auf. Die Forscherin erfasste außerdem kumulative HCT-Expositionen. Darunter ist die gesamte, bislang aufgenommene Wirkstoffmenge eines Patienten zu verstehen. Eine kumulative Dosis von mindestens 50.000 mg HCT war mit 1,29-fach (BCC) bzw. 3,98-fach erhöhten Risiken (cSCC) assoziiert. Bei mindestens 200.000 mg HCT waren es sogar 1,54-fach (BCC) und 7,38-fach (cSCC) höhere Risiken. Bezogen auf ihre Kohorte hat Sidsel Arnspang Pedersen errechnet, dass 9,0 Prozent aller cSCC und 0,6 Prozent aller BCC auf die HCT-Exposition zurückzuführen sind, was für die klinische Relevanz spricht. Andere ärztlich verordnete Diuretika standen nicht mit „weißem“ Hautkrebs in Verbindung.
Wie bei jeder Kohortenstudie kann lediglich eine Assoziation, aber keine Kausalität bewiesen werden. Allerdings sprechen mehrere Argumente dafür, dass die Hypothese des erhöhten Krebsrisikos zutrifft:
Die Erstautorin erwähnt als Einschränkung fehlende Informationen zur Sonnenexposition. Daten aus der Pathologie zur Aggressivität der Neoplasien hatte sie ebenfalls nicht. Trotz aller offenen Fragen rät die Erstautorin Ärzten schon heute, Patienten, die HCT einnehmen, regelmäßig auf Hautkrebs zu screenen. Wer per se erhöhte Risiken hat, etwa durch bestehende Läsionen oder Hautkrebsfälle in der Familie, sollte besser auf andere Wirkstoffe umgestellt werden.