Was bei Generika mehr oder minder klappt, muss bei Impfstoffen noch lange nicht funktionieren. Jetzt haben Konzerne eine AOK-Ausschreibung zu Influenza-Vakzinen boykottiert. Trotzdem ist der Gesetzgeber in der Pflicht, aktiv zu werden.
Eigentlich wollte die AOK Baden-Württemberg dieses Mal alles richtig machen. Sie hat schon im April Impfstoffe für den Zeitraum zwischen Juli 2017 und Juli 2019 ausgeschrieben. Ihr Wunsch: Ein Hersteller liefert Vakzine ohne Kanüle, ein anderer mit Kanüle. Bis Mitte Juni hätten interessierte Firmen die Möglichkeit gehabt, ihr Angebot einzureichen. Ganz gesetzeskonform wollte die AOK jedem Bieter höchstens einen Zuschlag geben, um mindestens Verträge mit zwei Firmen abzuschließen. Wie kam es zu dieser erstaunlich langfristigen Planung?
Eine mögliche Ursache steht im Grundlagenpapier zu den Ergebnissen des Pharmadialogs. CDU und CSU konstatieren: „Die Ausschreibungsmöglichkeit in der Impfstoffversorgung hat sich nicht bewährt und soll daher wieder gestrichen werden.“ Immer wieder kam es beim aufwändigen Herstellungsprozess zu Problemen, so dass Firmen ihrer vertraglichen Verpflichtung nicht nachkommen konnten. Bis zu 15 aller 70 Impfstoffe waren betroffen – teilweise über Monate hinweg. Momentan fehlen ausreichende Mengen der Sechsfach-Kombinationsimpfstoffe Infanrix hexa von GlaxoSmithKline (GSK) und Hexyon von Sanofi Pasteur MSD. Aufgrund der überschaubaren Marktsituation gibt es kaum Ausweichmöglichkeiten. Trotzdem halten GKVen an dem Prinzip von Ausschreibungen bis zum bitteren Ende fest. Wann Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) eine Gesetzesinitiative starten wird, lässt sich derzeit schwer abschätzen. Unter den Nägeln brennt ihm das Thema eher nicht.
Deshalb haben Hersteller selbst die Initiative ergriffen. Keine einzige Firma wollte zum Los „Impfstoff als Fertigspritze ohne Kanüle“ der AOK ein Angebot abgeben. Die Drohung stand schon länger im Raum, hat sich aber jetzt bewahrheitet. Qualität und Kostendruck lassen sich bei Vakzinen besonders schwer vereinbaren. Der AOK bleibt nur, ihr Verfahren aufzuheben und mit einzelnen Bietern zu verhandeln. Was bei generischen Wirkstoffen aufgrund zahlreicher Konkurrenten funktioniert, eignet sich eben nicht für den überschaubaren Markt mit Impfstoffen.