Werden Zellstrukturen durch körpereigene Antikörper angegriffen, kommt es zur Ablösung der Haut. Hautzellen verlieren dabei die Fähigkeit mit anderen Zellen zu binden. Flotillin-Proteine können diese Bindung von Keratinozyten jedoch regulieren, indem sie die Haftstrukturen unterstützen.
Ein Forscherteam der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) entdeckte nun neue Regulatoren der Zelladhäsion in der Haut. Der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Ritva Tikkanen, Professorin für Biochemie und Molekularbiologie des Fachbereichs Medizin der JLU, und ihrer Kollegin Dr. Antje Banning ist es gelungen, neue Erkenntnisse über die molekularpathologischen Vorgänge der hautablösenden Autoimmunerkrankung Pemphigus vulgaris (PV) zu gewinnen. Die Forschungsarbeiten wurden in Kooperation mit den Medizinern Prof. Dr. Michael Hertl und Dr. Rüdiger Eming von der Philipps-Universität Marburg (UMR) beziehungsweise der Marburger Hautklinik des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKGM) durchgeführt.
Desmosomen sind knopfartige Strukturen in Zellmembranen, die dazu dienen, benachbarte Zellen fest aneinander zu binden. Man findet sie vor allem in Zellen und Geweben, die einer hohen mechanischen Belastung ausgesetzt sind, beispielsweise in der Haut. „Bei PV werden diese Strukturen durch körpereigene Antikörper angegriffen, sodass die Adhäsion von Hautzellen – die Keratinozyten – und Zellen der Schleimhäute verloren geht“, erläutert Prof. Tikkanen. Die Biochemikerin ergänzt, dass dies zur Bildung von Blasen und Läsionen führe: „Für die betroffenen Patienten kann das unter Umständen lebensbedrohliche Auswirkungen haben.“ Die Forscher konnten zeigen, dass Proteine aus der Flotillin-Familie die Zelladhäsion in Keratinozyten regulieren, indem sie den Zusammenbau und die Auflösung von Desmosomen beeinflussen. Dabei treten Flotilline in direkten Kontakt mit Desmogleinen, die als Haftproteine in Desmosomen dienen.
Fehlen die Flotilline, werden Desmogleine verstärkt abgebaut. Verringert sich die Menge von Desmogleinen in den Hautzellen, haften die Keratinozyten deutlich schwächer aneinander als in Anwesenheit von Flotillinen. Die Autoantikörper beinflussen bei Pemphigus vulgaris jedoch nicht nur die Lokalisation von Desmogleinen, sondern auch von Flotillinen. Dies begünstigt vermutlich die Auflösung von Haftkontakten bei PV. Diese Erkenntnisse über die molekularen Mechanismen bei PV könnten dazu beitragen, Wirkstoffe zu entwickeln, welche die Zellbindung von Keratinozyten bei der Autoimmunerkrankung verstärken und die Hautablösung dadurch verhindern. Originalpublikation: Loss of flotillin expression results in weakened desmosomal adhesion and Pemphigus vulgaris-like localisation of desmoglein-3 in human keratinocytes Frauke Völlner et al.; Scientific Reports, doi: 10.1038/srep28820; 2016