Als Musiker braucht man Kreativität. Doch kann die Musik auch uns dabei helfen, kreativ zu werden? Was soll man, wenn überhaupt, bei der Arbeit hören? Jazz, Electro, Ambient oder doch einfach die eigene Lieblingsmusik?
Am Arbeitsplatz Musik zu hören – für viele gehört das einfach dazu. Wenn man den ganzen Tag vor dem Bildschirm sitzt, kann Musik eine gute Abwechslung zum Alltagstrott sein, doch bei welcher Tätigkeit trifft das exakt zu? Und welche Rolle spielen die verschiedenen Genres dabei? Passt Heavy Metal eher zu handwerklichen Berufen als zum Großraumbüro? Wichtig ist, wie aufwendig die zu erledigenden Aufgaben sind. Eine Studie [Paywall] der Universität Birmingham hat herausgefunden, dass Fließband-Arbeiter eine gesteigerte Effizienz und Zufriedenheit beim Musik hören zeigten. Mehrere Experimente belegten, dass sich Hintergrundmusik bei sich wiederholenden Arbeiten positiv auf die Produktivität auswirken kann.
Untersuchungsergebnisse der Psychologin Dr. Teresa Lesiuk zeigen, dass diese Produktivitätssteigerung nicht alleine durch Musik an sich entsteht, sondern, dass es auf die verbesserte Laune zurückzuführen ist, die durch das Hören seiner jeweiligen Lieblingsmusik entsteht. Dissonante oder missfallende Töne hätten dagegen keinen Einfluss auf die Produktivität. Hintergrundmusik in Dur schneidet allgemein besser ab. In Großraumbüros und modernen Open Office-Bereichen verhält es sich ähnlich – nur das dort jeder seine eigene Musik hören könnte, obwohl es immer noch Arbeitgeber gibt, die Kopfhörer nicht gerne am Arbeitsplatz sehen. Zu groß wäre die Ablenkung, zu schlecht die Kommunikation. Dr. Lesiuk fand heraus, dass IT-Spezialisten ihre Arbeit schneller erledigten und bessere Ideen entwickelten als die Fachkräfte, die keine Musik hörten. Auch hier war entscheidend, dass sich die Stimmungslage durch Musik verbesserte. Offene Büroräume erzeugen einen stetigen Lärm, den viele Arbeitnehmer als zu ablenkend wahrnehmen, um sich auf kognitive Aufgaben zu konzentrieren. Ein Kopfhörer könnte da schon Abhilfe leisten.
Eine weitere Studie im Journal of Consumer Research kam aber auch zum Ergebnis, dass ein moderater Lärm die Kreativität steigern kann. Dabei bewegt man sich aber auf einem schmalen Grat, denn während eine Hintergrundkulisse von „Ambient-Noise“ mit 50 bis 70 Dezibel die Kreativität steigere, ist diese bei einem Pegel von 85 Dezibel stark gestört. Die Acoustical Society of America fand 2015 heraus, dass Ambientgeräusche am effektivsten die Konzentration steigerte, wenn es sich um natürliche Sounds wie den Klang von Wellen handelte. https://youtu.be/CSqe8FgnzjM
Doch Ambient ist nicht wirklich jedermanns Sache. Was ist mit Pop? Beyoncé? Justin? Oder doch Neil Diamond? Musik, die gesungenen Text enthält, ist bei der Produktivität von Arbeitern ein zweischneidiges Schwert. So helfen Songs, die Gesang und Text haben, bei physischen Arbeiten und beim Workout. Bei psychischen Aufgaben stören solche Lieder jedoch immens, da das gesungene Wort schwer ignoriert werden kann. Den Gesang verstehen zu wollen, ist einfach zu ablenkend. In einer finnischen Studie der Universität Turku haben 48 Prozent in einer Befragung angegeben, dass verständliche Gespräche das Geräusch sei, was sie am meisten ablenken würde. Man stelle sich nur mal vor, man würde versuchen, einen Text zu schreiben, während eine Person mit einem redet. Dazu spielt sie noch Gitarre. Und Schlagzeug. Und Bass. Und so weiter. Eine nicht gerade leichte Aufgabe. Text und Gesang sind bei kognitiven Aufgaben häufig ein „No-Go“. Anders sieht es bei bekannter Musik aus. Dort kennt man den gesungenen Text und muss sich nicht mehr darauf konzentrieren, ihn zu verstehen. Wenn etwas unbekannt ist, hört man stärker zu, da man nicht weiß, wie der Song weitergeht.
Doch welche Musik eignet sich nun am besten, um bei der Arbeit gehört zu werden? Ein bevorzugtes Genre ist mit Sicherheit die Klassik. Die American Roentgen Ray Society hat gezeigt, dass barocke Musik das Arbeitsleben von Radiologen verbessert, die Effizienz in der Diagnose steigert und die Aufgaben allgemein mit größerer Gründlichkeit erledigt wurden. Natürlich ist Klassik nicht gleich Klassik. Wagner mit seinem pompösen Tamtam könnte sich weniger gut eignen – dann doch lieber Bach. Letztendlich muss man sich mit der Musik wohl fühlen, denn nur so kann die Kreativität, Produktivität oder Effizienz gesteigert werden. Egal, ob dabei elektronischer Ambient, Jazz oder Pop läuft – Hauptsache die Stimmung ist gut. Oder doch lieber die neusten Gesänge des Grönlandwals? Der Pazifische Nordkaper soll ja besser klingen. Ihr habt die Wahl.