Dauerhaft hohe Glukosewerte schädigen die Betazellen der Bauchspeicheldrüse. Die Folge: Typ-2-Diabetes. Physiologen ist es nun bei prädiabetischen Mäusen gelungen, die Funktion der Betazellen wiederherzustellen und den Krankheitsausbruch zu verhindern.
Typ-2-Diabetes betrifft mehr als 400 Millionen Menschen weltweit. Die Erkrankung manifestiert sich nicht von heute auf morgen. Patienten haben mehrere Jahre lang Prädiabetes. Dabei schädigen hohe Glukosespiegel die Betazellen, Diabetologen sprechen von einer Glukotoxizität. Enming Zhang und Albert Salehi von der Lund University in Schweden haben einen neuen Pathomechanismus entdeckt, der sich als Zielstruktur für Arzneistoffe eignen könnte.
Sie untersuchten einen schon länger bekannten Ionenkanal in Betazellen der Bauchspeicheldrüse, den sogenannten VDAC-1 (Voltage-dependent anion-selective channel 1). Der Kanal transportiert Adenosintriphosphat (ATP) als Energieträger. Zhang und Salehi experimentierten mit Betazellen von gesunden Probanden und Patienten mit Typ-2-Diabetes. Bei hohen Glukosewerten wurde die Expression von VDAC1-Genen hochreguliert. Betroffene Zellen verloren ATP und gingen zugrunde.
Blockierten die Forscher VDAC-1 in Betazellen von Organspendern mit Typ-2-Diabetes mit experimentellen Hemmstoffen, normalisierten sich die Energieversorgung und die Insulinsekretion. Erste Experimente fanden in vitro mit menschlichen Zellen statt und funktionierten auch im Tierexperiment. Mäuse mit erhöhtem Typ-2-Diabetes-Risiko erkrankten nicht am Stoffwechselleiden, wenn VDAC-1 gehemmt wurde.
In ihren Experimenten arbeiteten Zhang und Salehi mit VDAC-1-Antikörpern und chemischen VDAC-1-Inhibitoren. Beide Strategien sind im Forschungsbereich üblich. Auch der altbekannte Arzneistoff Metformin schützte Betazellen vor dem Untergang. „Der Effekt wird wahrscheinlich durch einen Einfluss auf VDAC1 erreicht“, so Salehi in einer Meldung. Außerdem vermutet er in VDAC-1 die lange gesuchte Schnittstelle zwischen Typ-2-Diabetes und verschiedenen Demenzerkrankungen. Hohe Level von VDAC-1 findet man auch in Gehirnzellen, die in einem frühen Stadium von Demenzerkrankungen betroffen sind. Epidemiologische Studien zeigen Assoziationen, liefern aber keinen Hinweis auf Mechanismen.
Ob sich VDAC-1-Inhibitoren zur Therapie oder Prävention von Typ-2-Diabetes eignen, bleibt erst einmal offen. „Weitere Studien sind erforderlich, um zu zeigen, wie die Blockade von VDAC-1 die Nieren, den Herzmuskel oder das Fettgewebe beeinflusst“, gibt Salehi zu bedenken.