Lungenfunktionsmessung via Mobiltelefon – an diesem Konzept arbeiten Start-ups weltweit. Sie haben mehrere Apps und Tools entwickelt. Sogar ein klassischer Münzfernsprecher eignet sich dank moderner Algorithmen zur Diagnostik.
Weltweit leiden schätzungsweise 300 Millionen Menschen an Asthma bronchiale und 210 Millionen an der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD). Eigentlich sollten sie regelmäßig ihre Lungenfunktion überprüfen. Das ist leichter gesagt als getan: In schlecht entwickelten Regionen gibt es kaum Kliniken mit geeigneter Ausstattung. Aber auch bei uns vernachlässigen Patienten so manche Kontrolluntersuchung, falls sie sich subjektiv gut fühlen. Doch Shwetak Patel, Informatik- und Elektrotechnikprofessor an der University of Washington, hatte eine Idee. Er setzt auf Smartphones als mobile Spirometer.
Zusammen mit Ärzten und Programmierern entwickelte er die App SpiroSmart. Um Lungenfunktionen zu erfassen, ist keine zusätzliche Hardware erforderlich. Patienten atmen tief ein und dann so fest wie möglich aus. Das eingeschaltete Mikrofon ihres Smartphones erfasst Atemgeräusche und überträgt diese per App online an einen Server zur Auswertung. Was theoretisch gut klingt, hat jedoch einen entscheidenden Nachteil. Bei Tests vor Ort mussten die Forscher feststellen, dass viele Menschen schlichtweg kein Smartphone besitzen. In vielen Gegenden Indiens und Pakistans sind klassische Handys älterer Bauart weit verbreitet. Aus der Not heraus entstand die Idee, Atemgeräusche per Telefonanruf zu analysieren. Selbst in schlecht erschlossenen Gegenden sind Mobilfunknetze mittlerweile vorhanden und auch einigermaßen stabil.
Für „SpiroCall“ reicht bereits ein normales Telefon aus. Sogar der Münzfernsprecher aus früheren Zeiten wird zur wertvollen Hilfe. Patienten wählen die kostenfreie 1-800-Nummer und pusten fest in ihr Telefon. „Wir mussten der Tatsache Rechnung tragen, dass die über Telefonleitung erhaltene Tonqualität schlechter ist“, sagt der Elektrotechnik-Entwickler Elliot Saba. Atemgeräusche werden vom SpiroCall-Server über intelligente Algorithmen analysiert – mit überraschender Genauigkeit. Respi, ein griechisches Start-up, ergänzt Hardware und Software mit einer Cloud-Lösung, die europäische Standards erfüllt. Patienten können ihren Pneumologen berechtigen, direkt Messdaten auszuwerten. Und MySpiroo will Patienten gleich ein Profigerät an die Hand geben. Ihr Tool misst nach Abschluss laufender Entwicklungen die Einsekundenkapazität (FEV1), die forcierte Vitalkapazität (FVC), die Vitalkapazität (VC), der exspiratorische Spitzenfluss (PEF) und weitere Größen. Entwickler planen aber nicht, Pneumologen durch Technik zu ersetzen. Ihr Ziel ist es, Ärzte mit besseren, engmaschig erhobenen Messwerten zu unterstützen.