Die Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie will einmal mehr den therapeutischen Nutzen von hoch potenzierten Arzneimitteln belegen. Ihr Versuch misslingt: Kritiker finden im Dokument etliche Schwachstellen.
Mit einem 60-seitigen Forschungsreader versucht die Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie Fakten zu schaffen. „Eine zusammenfassende Betrachtung klinischer Forschungsdaten belegt hinreichend einen therapeutischen Nutzen der homöopathischen Behandlung“, so ihr zentrales Fazit. „Die Ergebnisse zahlreicher placebo-kontrollierter Studien sowie Experimente aus der Grundlagenforschung sprechen darüber hinaus für eine spezifische Wirkung potenzierter Arzneimittel.“ Kritiker unterzogen das vermeintliche Beweisstück einer detaillierten Betrachtung.
Umgehend verfassten Dr.-Ing. Norbert Aust (Initiator des Informationsnetzwerks Homöopathie), Professor Edzard Ernst (Universität Exeter), Dr. Natalie Grams (Leiterin des Informationsnetzwerks Homöopathie), Amardeo Sarma (Vorsitzender der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften) und Professor Dr. Norbert Schmacke (Universität Bremen) eine Stellungnahme. „Der Reader enthält prinzipiell überhaupt keine neuen Informationen“, so ihre Zusammenfassung. „Es handelt sich um teils seit Jahren bekannte Studien, Erhebungen und Gedanken.“
Dazu einige Details. Michael Teut, Berlin, befasst sich mit Aspekten zur Versorgungsforschung. Positive Aspekte ermöglichten keine kausalen Schlüsse auf die Wirksamkeit der Therapie, heißt es im Kommentar. Klaus von Ammon, Bern, nimmt zusammen mit Kollegen die Wirksamkeit von Hochpotenzen unter seine Lupe. „Aus den Angaben in der Diskussion folgt, dass sie nicht eine wirklich hochwertige Arbeit gefunden haben, die signifikante Vorteile der Homöopathika gegenüber Placebo belegen könnte“, kritisieren Gegner. Bleibt noch Jens Behnkes Versuch einer „Meta-Analyse in der klinischen Forschung zur Homöopathie“. Behnke unterschlägt zwei wesentliche Arbeiten, nämlich die Veröffentlichung von Klaus Linde und die Publikation des australischen National Health and Medical Research Council (NHMRC). Beide Papers stellen den Mehrwert homöopathischer Therapien infrage.
Der Reader sei laut Norbert Aust und Kollegen deshalb nur ein „leicht durchschaubarer Versuch, die Unwissenschaftlichkeit der Homöopathie mit einer Art ‚Großangriff‘ zu verschleiern“. Missliebige Autoren würden mit dem Vorwurf, ihre Arbeit entspräche „nicht immer wissenschaftlichen Standards“, diskreditiert. Außerdem sei die Versorgungsforschung nicht geeignet, Wirksamkeitsnachweise zu erbringen. „Nichtstun ist stets noch billiger“, resümiert Aust in seiner Stellungnahme.