Nach einem harten Training kann einem Sportler schon mal das „Herz bis zum Hals schlagen“. Besonders unter maximaler Belastung spürt man es pochen. Im Normalfall ist das kein Problem und der Körper kann auch ein hartes Training gut verkraften. Gerade im Leistungssport geht man des Öfteren sowohl im Training als auch im Wettkampf an seine Grenzen.
Wie das Herz adaptiert und sich daraus eine physiologische Bradykardie entwickeln kann, habe ich bereits in einem vorherigen Beitrag erläutert. Unter dem Aspekt der Herzgesundheit soll es in diesem Artikel um tachykarde Herzrhythmusstörungen und Sport, im Speziellen um das Vorhofflimmern (VHF) in Kombination mit Sport gehen.
Ursachen
Die häufigste supraventrikuläre Störung ist das Vorhofflimmern, das bei Personen im extensiven Ausdauersport mit einem 8-fach erhöhten Risiko gehäuft auftritt [1]. Dabei finden sich Frequenzen von 350-400 Schlägen/min, die meistens im linken Vorhof lokalisiert sind. Durch die Funktion des AV-Knotens werden diese Frequenzen nicht komplett auf die Kammern übertragen. Trotz der kardioprotektiven Wirkung von Sport scheint Ausdauersport für das Risiko von VHF eine U-förmige Dosis-Wirkungs-Beziehung zu haben [2]. Dabei zeigt sich, dass bei geringen oder aber auch bei sehr hohen sportlichen Belastungen das Risiko für die Entwicklung eines VHF steigt. In der Mehrzahl der Fälle lässt sich die Ursache dafür weder auf kardiale (z.B. strukturelle Herzerkrankungen, KHK, Myokarditis,...) noch extrakardiale (z.B. Hyperthyreose, Elektrolytstörungen, akute/chron. Hypoxie) Faktoren zurückführen.
Im Leistungssport werden für die Entstehung des VHF strukturelle Faktoren (z.B. Remodeling der Vorhöfe mit Dilatation und Fibrose), Modulatoren (z.B. verkürzte Refraktärzeit, veränderte autonome Regulation) sowie ektope Trigger (im Bereich der Pulomalvenen) angesehen. Aus diesen Punkten haben Coumel et. al eine Dreiecks-Wechselbeziehung entworfen, welche die Ausbildung und den Erhalt des Vorhofflimmerns bei Sportlern zu erklären versucht [3]. Die veränderte Regulation des autonomen Nervensystems lässt die Unterteilung in ein vagal- (meist nachts oder postprandial) und ein adrenerg (meist unter Belastung) getriggertes Vorhofflimmern zu [1]. In 70% der Fälle zeigt sich bei den betroffenen Sportlern ein vagal getriggertes VHF mit Symptomen in der Nacht oder den Erholungsphasen [4].
Diagnostik
Wie macht sich das VHF bemerkbar? Durch die sympathovagale Dysbalance können sich sowohl Beschwerden in Ruhe als auch unter Belastung ausbilden. So stellen sich Patienten mit einem ungewöhnlich schnellen Herzfrequenzanstieg oder einem unregelmäßigen Puls vor. Zusätzlich kann es unter Belastung zu ungewöhnlichen Sprüngen in der Herzfrequenz kommen. Damit einhergehend klagen die Patienten während der Episoden über einen Leistungseinbruch bzw. eine geringe Belastbarkeit [1].
Weiterhin sollte auf die klassischen Risikofaktoren für das Entstehen von VHF geachtet werden. Eine Familienanamnese und die Analyse des genauen sportlichen Hintergrundes komplettieren die ausführliche Anamnese. Die Diagnostik beinhaltet ein 12-Kanal-EKG, in dem sich ein VHF identifizieren lässt. Bei Sportlern findet sich häufig ein paroxysmales VHF das sich in einem Ruhe-EKG oft nicht darstellen lässt. Hierfür ist ein Langzeit-EKG mit einer Aufzeichnungsdauer von bis zu 7 Tagen eine gute Alternative. Des Weiteren besteht die Option für eine Ergometrie, um ein belastungsinduziertes Vorhofflimmern auszuschließen. Nur in seltenen Fällen wird zu der Implantation eines Event Recorders geraten, um dadurch sehr selten auftretende Arrhythmien zu analysieren [5].
Zur allgemeinen kardialen Beurteilung ist die transthorakale Echokardiografie das Mittel der Wahl. In ausgewählten Fällen kann bei Verdacht auf eine zugrundeliegende kardiale Erkrankung ein Cardio-MRT (z. B. Ausschluss Myokarditis) oder auch eine Koronarangiografie (z. B. Ausschluss KHK) erfolgen [5].
Therapie
Die Behandlung des VHF ist eng an die von Nichtsportlern angelehnt. Bei sportassoziiertem Vorhofflimmern stellt die Reduktion der sportlichen Aktivität einen ersten Schritt der Therapie dar. Oft lässt sich diese Option jedoch gerade im Leistungssport nur schwierig umsetzten. Da sich bei einem bestehenden VHF Thromben im Vorhof bilden können, sollte auch bei Sportlern eine präventive Antikoagulation diskutiert werden. Damit steigt jedoch auch das Blutungsrisiko bei diesen Patienten an und Kontaktsportarten oder Sportarten mit erhöhtem Sturz- und Verletzungsrisiko wären kontraindiziert. Eine Alternative stellt der präventive Verschluss des Vorhofohres dar, dem Entstehungsort der meisten Thromben.
Für die eigentliche Behandlung des Vorhofflimmern gibt es medikamentöse und interventionelle Therapiekonzepte (siehe Abbildung 2). Frequenz – oder Rhythmuskontrolle sind die Optionen der medikamentösen Therapie. Durch die erhaltene atriale Kontraktilität und der damit assoziierten höheren Leistungsfähigkeit erhält bei Sportlern meistens die Rhythmuskontrolle den Vorzug. Wichtig ist hierbei die Differenzierung zwischen seltenem paroxysmalen VHF und häufig paroxysmalen oder persistierendem VHF. Bei seltenen Rezidiven (< 1x pro Monat) erfolgt die Behandlung nach dem „pill in the pocket“ Konzept. Dabei können beispielsweise Flecainid bei vagal getriggertem VHF und Propafenon bei adrenerg getriggertem VHF eingesetzt werden. Hingegen bedient man sich bei häufigen Rezidiven des Vorhofflimmerns einer Dauertherapie mit Antiarrhythmika [1].
Versagen diese medikamentösen Wege, stellt die Ablationsbehandlung eine letzte Therapieoption dar. Dabei richtet sich die Therapiewahl nach Vorhandensein von atrialen Remodellingprozessen. Patienten mit paroxysmalem VHF ohne Umbauprozesse auf Ebene des Vorhofes wird eine zirkumferentielle Isolation aller Pulmonalvenen empfohlen. Zeigen sich jedoch morphologische, elektrische und histologische Veränderungen der Vorhöfe, sollte die Pulmonalvenenisolation mit einer Substratmodifikation ergänzt werden [1].
Ich bin Phillipp und seit 2012 studiere ich Medizin an der Friedrich-Schiller Universität in Jena. Parallel dazu betreibe ich schon seit meiner Schulzeit Leichtathletik als Leistungssport (3000m Hindernis und 5000m). Auch wenn diese beiden Bausteine nicht immer reibungslos ineinander passen, versuche ich aus dieser dualen Karriere das beste herauszuholen. Da beide Bereiche auch in verschiedenen Themen eng vergesellschaftet sind, möchte ich diese anhand eigener Erfahrungen gern weitergeben. Themenvorschläge sind stets willkommen. Ich werde hier nun regelmäßig Beiträge veröffentlichen, ansonsten kannst du auch gerne mal bei meinem Blog vorbeischauen: www.reinhardt-philipp.de
Quellen 1. Müssigbrodt A., v.B.Y., Richter S., Arya A., Bollmann A., Hindricks G., Sport trotz Herzrhythmusstörungen. Niebauer J. (eds) Sportkardiologie. Springer, Berlin, Heidelberg, 2015. 2. La Gerche, A. and C.M. Schmied, Atrial fibrillation in athletes and the interplay between exercise and health. Eur Heart J, 2013. 34(47): p. 3599-602. 3. Coumel, P., Paroxysmal atrial fibrillation: a disorder of autonomic tone? Eur Heart J, 1994. 15 Suppl A: p. 9-16. 4. Mont, L., et al., Physical activity, height, and left atrial size are independent risk factors for lone atrial fibrillation in middle-aged healthy individuals. Europace, 2008. 10(1): p. 15-20. 5. Müssigbrodt, A.R., S.; Hindricks, G.; Bollmann, A., Vorhofflimmern bei Ausdauersportlern. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 2010. Jahrgang 61: p. 190-200.