Ein kaltes Bier beim Grillen, zahlreiche Stunden im Biergarten während der Fußball-Weltmeisterschaft, eine leckere Bowle bei der Sommerparty – die warmen Temperaturen locken mit leckeren alkoholischen Drinks. Dass ein erhöhter Genuss von Alkohol das Risiko für Herzkreislauferkrankungen erhöht, ist keine Neuigkeit, doch wie schädlich ist der Giftstoff für Herzgesundheit, Gehirn und Leber?
Einer internationalen Übersichtsstudie zufolge führt erhöhter Alkoholkonsum zu einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle, Herzschwäche, Bluthochdruck, bis hin zu Fällen mit tödlich ausgehenden Aortenaneurysmen. Ein Forschungsteam analysierte 83 Studien aus 19 Industrieländern mit fast 600.000 Probanden. Dabei zeigte sich, dass bereits der Konsum von mehr als 100g reinem Alkohol pro Woche das Sterberisiko und das Risiko für Herzkreislauferkrankungen signifikant erhöht. Berücksichtigt wurden hierbei die mit Kardiovaskulären Erkrankungen im Zusammenhang stehenden Faktoren wie Alter, Geschlecht, Tabakkonsum, Diabetes und weitere.
Moderater Alkoholkonsum schützt vor Gefäßalterung
Die Beziehung zwischen Alkohol und Herzgesundheit ist in medizinischen Fachkreisen dennoch hochumstritten. Nun sorgen neue Ergebnisse der Forscher um Darragh O’Neill von der Universität Cambride für Furore. Demnach soll ein moderater Konsum vor Gefäßalterung schützen.
Die Forscher analysierten den Alkoholkonsum der 3.869 Teilnehmer über 25 Jahren und kamen zu dem Ergebnis, dass übermäßiger Alkoholkonsum durchaus zu einer Beschleunigung der arteriellen Gefäßversteifung beitragen kann - also auch ein erhöhtes Risiko auf das kardiovaskuläre System bedeutet. Dabei zeigte sich dann aber ebenso, dass die Pulswellengeschwindigkeit der Teilnehmer mit übermäßigem Alkoholkonsum (>112g Ethanol/Woche) um 0,26m/s signifikant höher war als die der Teilnehmer mit moderatem Konsum (1-112g Ethanol/Woche). Abstinente Teilnehmer (0g Etahanol/Woche) wiesen eine - nicht signifikante - Erhöhung der Pulswellengeschwindigkeit um 0,30m/s im Vergleich zu den moderaten Trinkern auf.
Ursachen für den scheinbar positiven Effekt einer moderaten Alkoholaufnahme beruhen nach Ansicht der Studienautoren auf einen Anstieg des HDL-Cholesterins im Blut.
Wie viel ist genug?
Nur etwa die Hälfte der Weltbevölkerung trinkt Alkohol. Laut WHO gehört Alkohol zu den führenden Ursachen für Krankheiten und vorzeitigen Tod in der europäischen Region. Experten sind sich über die gesundheitsgefährdenden Ausmaße des erhöhten Alkoholkonsums einig, doch bei welcher Alkoholmenge sollten Konsumenten die Grenze ziehen? Und sollten Männer und Frauen dem gleichen Grenzwert folgen?
Derzeit hält die Deutsche Gesellschaft für Ernährung eine wöchentliche Alkoholmenge von 140g bei Männern und 70g bei Frauen für tolerierbar. Nach Aussage des ehemaligen Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie Hans-Jürgen Rumpf ist diese Richtlinie nicht korrekt. befürwortet den Vorschlag des Forschungsteams um Angela Woods, die Richtwerte auf 100g reine Alkohol pro Woche nach unten zu korrigieren und fordert die Öffentlichkeit auf, vor allem die Grenzwerte für Männer neu zu überdenken. Eine Menge von 100g reinem Alkohol entspräche in Getränkemengen schließlich fast 8 Bier à 0,3 Liter oder 5 Gläser Wein à 0,2 Liter.
Das „französische Paradoxon“
Eine Vielzahl von unabhängigen Untersuchungen bestätigt die Hypothese, dass Rotweingenuss besonders gefäßprotektiv zu sein scheint. Hinweise für die Theorie ergaben sich aus dem sogenannten „französischen Paradoxon“. Das Paradoxon beschreibt die Beobachtung, dass die koronare Sterblichkeit in Frankreich im Gegensatz zu den USA nur etwa halb so hoch ist, obwohl sich der Gehalt an tierischen Fetten in der Ernährung nicht wesentlich unterscheidet. Bedingt wird dieses Paradoxon durch vielfältige Faktoren, dennoch machen Forscher den weit verbreitet Konsum von Rotwein in Frankreich für dieses Phänomen maßgeblich verantwortlich.
Die ewige Frage: Bier oder Wein?
Obwohl sich die These bewährt, dass Rotwein aufgrund seiner antioxidativen Wirkung den gesünderen Alkohol darstellt und in geringen Mengen sogar förderlich für das Herzkreislaufsystem sein kann, gehen die Meinungen von führenden Gesundheitsexperten auseinander. So sprechen Forscher dem Rotwein eine entzündungshemmende und schützende Wirkung auf den Körper zu, warnen allerdings vor voreiligen Schlüssen. Zwar deuten neuere Forschungsergebnisse auf ein geringeres Risiko ischämischer Ereignisse (Herzinfarkte, Schlaganfälle, Diabetes-Typ 2) oder koronarer Herzerkrankungen unter leichten bis mäßigen Rotweintrinkern hin, doch die schädlichen Auswirkungen von Alkohol übersteigen jegliche protektive Wirkung bei weitem.
Auch dem berühmten "Bierchen" wird ein, wenn auch kleiner, gesundheitlicher Nutzen zugesprochen. Zwar enthält Bier im Vergleich zu Rotwein nur einen kleinen Anteil an Antioxidantien, dennoch scheint der vitaminreiche Gerstensaft auch einen zumindest kleinen Beitrag zur Gesundheit des Herzens zu leisten - in etwa so wie Weißwein. Demzuolge führt ein gemäßigter Bierkonsum zu einer Erhöhung des guten HDL-Cholesterins und zu einer Verdünnung des Blutes, wodurch das Risiko für die Entstehung von Gerinnseln vermindert wird. Demgegenüber stehen die langfristigen Folgen von übermäßigem Bierkonsum. Der vermehrte Genuss des kalorienreichen Getränks kann unter anderem dauerhaft zu Übergewicht führen. Die Folgen für das Herz sind ein hoher Blutdruck und steigende Cholesterinwerte, die das Risiko für Herzinfarkte oder Schlaganfälle gravierend erhöhen.
Fazit
Geringer bis moderater Genuss von reinem Alkohol kann koronare Herzkrankheiten günstig beeinflussen. Es existieren zahlreiche Studienergebnisse für eine besonders gefäßprotektive Wirkung von Rotwein. Alkohol sollte allerdings nicht als aktive Präventionsmaßname gegen Herzkreislauferkrankungen gesehen werden.
Unabhängig von der Art des alkoholischen Getränks, birgt der langjährige Konsum folgenschwere physiologische und psychische Konsequenzen für den Körper. Aufgrund der zahlreichen Gesundheitsrisiken bei stärkerem Alkoholkonsum empfiehlt sich also eher eine individuelle Beratung anstelle einer pauschalen Empfehlung. Für die kommende Weltmeisterschaft bedeutet das: Auch mal mit einem Glas Wasser anstoßen!
Quellen: