Marcumar ist seit 50 Jahren die erste Wahl in Sachen Vorhofflimmern. Dass der Wirkstoff auch als Rattengift Verwendung findet, wissen viele nicht. Lange galten Vitamin-K-Antagonisten als die Gerinnungshemmer schlechthin. Mittlerweile werden die direkten oralen Antikoagulantien (DOAK), als ein wirksamer Ersatz eingestuft. Doch wie sicher ist der Umgang mit den neuen Wirkstoffen?
Ein Verzicht auf gerinnungshemmende Mittel ist bei der Behandlung von Thrombosen, Embolien, chronischem Vorhofflimmern und als Prävention bei Operationen kaum vorstellbar.
Seit der Entdeckung von Cumarinen im Jahr 1940 finden die Vitamin-K-Antagonisten vielfältig Verwendung und stellten zunächst – neben Heparin – den einzigen Weg dar, den Gerinnungsstatus der Patienten langfristig stabil einzustellen.
Seit ein paar Jahren unterstützen viele Studien die These, dass die neuen Gerinnungshemmer mehr Vorteile als die konventionellen Medikamente bieten. Dabei zu beachten sind jedoch viele Umstellungen – sowohl für die Patienten als auch für die Ärzte.
Wo liegt der Unterschied zwischen den direkten und indirekten oralen Antikoagulantien?
Die Vitamin-K-Antagonisten (VKA) hemmen indirekt die Gerinnung, indem sie in die Biosynthese von Gerinnungsfaktoren – und Proteinen eingreifen: die Vitamin-K-abhängige Carboxylierung wird verhindert. Die direkten Blutverdünner hemmen Thrombin (Dabigatran) oder Faktor Xa (Rivaroxaban, Apixaban, Endoxaban) kompetitiv am aktiven Zentrum. Während VKA nach der Einnahme erst 36-72 Stunden später und bis zu zwei Wochen lang wirken, dauern die Effekte der DOAKs lediglich zwei bis vier Stunden und verbleiben mit einer Plasmahalbwertszeit von zwölf Stunden bei normaler Nierentätigkeit.
Was sind Vor- und Nachteile der DOAKs?
+ Geringeres Risiko intrazerebraler Hämorraghien:
Gerade bei Vorhofflimmern ist eine Therapie mit Antikoagulantien oft ratsam, um Schlaganfällen vorzubeugen. Viele der Patienten mit VHF sind im höheren Alters und schon einmal im Alltag gestürzt. Viele Ärzte scheuten sich bis zur Markteinführung von Dabigatran, Rivaroxaban und Apixaban, Antikoagulantien zu verschreiben, die eine Hirnblutung bei einem Sturz erheblich verschlimmern. Doch die neuen Blutverdünner versprechen ein reduziertes intrazerebrales Blutungsrisiko von rund 50%.
- Notfallsituation:
Bisher können die Wirkungen der DOAK – bis auf Dabigatran mit Idarucizumab- im Ernstfall nicht spezifisch mit einem Antidop antagonisiert werden.
- Niereninsuffizienz:
Dabigatran ist strikt kontrainduziert für Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz. Niereninsuffizienz stellt mit 13% der über 70-jährigen keine Seltenheit dar.
+ Operationen:
Die geringe Halbwertszeit soll das leidige Thema des vorzeitigen Absetzens vor Operationen nichtig machen. Einer Studie aus dem European Heart Journal zufolge werden dennoch drei Tage Pause vor einer Operation empfohlen.
- Wirkung mit anderen Medikamenten:
Während man bei der langjährigen Cumarinderivattherapie das Interaktionspotenzial genau abzuschätzen weiß, ist dies bei den neuen Medikamenten nicht der Fall: Ärzte müssen bei DOAKs beachten, dass das Risiko für schwere Blutungen zum Beispiel durch Amiodaron, Fluconazol und Rifampicin deutlich erhöht wird.
+ Kontrolle durch Gerinnungstest
Auch das Monitoring ist ein entscheidender Aspekt: Patienten unter VKA werden engmaschig mithilfe des INR kontrolliert. Eine Kontrolle, die manche als umständlich und andere als beruhigend empfinden. Diese Überwachung soll bei den DOAK wegfallen.
Abschließend bleibt die Entscheidung bei Arzt und Patient, ob die neuen oralen Antikoagulantien eine bessere Therapiemöglichkeit darstellen als die Cumarinderivate. Oft spielen hier Compliance, Vorerkrankungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten die entscheidende Rolle.
Quellen:
https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/herzkreislauf/herzrhythmusstoerungen/article/945674/aeltere-patienten-angst-stuerzen-sorgt-verzicht-antikoagulans.html
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=69616.
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=72089