Die Alzheimer-Krankheit hinterlässt bereits Jahre vor dem Auftreten der Symptome erste Spuren im Gehirn. Dazu gehört die dysfunktionelle Ansammlung des Notch1-Proteins. Ob Notch1 als neuer Biomarker in der Alzheimertherapie eingesetzt werden kann, ist noch unklar.
Der Verlauf der Alzheimer-Krankheit durchläuft verschiedene Stadien, die sich über eine Zeitspanne von mehreren Jahrzehnten ausdehnen können. Währenddessen nimmt die Vermehrung von sogenannten amyloiden Ablagerungen (Beta-Amyloid-Plaques) und neurofibrillären Bündeln (Neurofibrillen) laufend zu. Interessant dabei ist, dass die Ablagerungen und Neurofibrillen bereits Jahre vor dem Auftreten der ersten Krankheitssymptome beginnen. Versuche an Nagetieren zeigen allerdings, dass weder das Blockieren der Plaques noch das Unterbinden von neuen fibrillären Ablagerungen den Gedächtnisverlust aufhalten kann. Es müssen also zusätzliche molekulare Spuren im Gehirn identifiziert werden, um effiziente Therapien gegen die zerstörerische Krankheit entwickeln zu können.
Wissenschaftler der Universität Freiburg erforschen seit Jahren die biologische Funktion des sogenannten „Notch1-Signalwegs“ im Zusammenhang mit Gedächtnis und Neurodegeneration. Jetzt zeichneten die Forscher nun erstmals einen detaillierten Verlauf der Veränderungen des Notch1-Signalwegs anhand des Gehirns von verstorbenen Alzheimer-Patienten. Im Gehirn von dementen Patienten bilden sich abnormale fibrilläre Aggregate, die durch Notch1- und Tau-Proteine gekennzeichnet sind (weiße Pfeile); bei gesunden Menschen treten keine solchen Ansammlungen auf. Sie entdeckten, dass eine deutliche Verschiebung des Notch1-Proteins von den Neuronen zu den Neurofibrillen und Plaques stattfand. Das lässt darauf schließen, dass ein Ungleichgewicht im Notch1-Signalweg zum Verlust von Synapsen und damit zu einer Beeinträchtigung des Gedächtnisses führen kann. Die Veränderungen von Notch1 konnten auch in der Gehirnflüssigkeit gefunden werden, was das Protein zu einem potentiellen Biomarker in der Frühdiagnostik der Alzheimer-Krankheit macht.
Die vorliegenden Forschungsresultate liefern wichtige neue Erkenntnisse zu der Rolle des Notch1-Rezeptors in der Physiopathologie der Alzheimer-Krankheit. Sie öffnen damit neue Wege für künftige Studien an der Schnittstelle zwischen präklinischer Forschung und klinischer Entwicklung. Ziel ist es, herauszufinden, ob Notch1 in der Therapie von Alzheimer-Patienten als neuer Biomarker eingesetzt werden kann. Originalpublikation: Notch1 hallmarks fibrillary depositions in sporadic Alzheimer’s disease Emanuele Brai et al.; Acta Neuropathologica Communications; doi: 10.1186/s40478-016-0327-2; 2016