Nur insgesamt 10,2 % der Senioren zwischen 60 und 64 sind gegen Pneumokokken geimpft. Dabei lassen sich viele erst auf Grund einer „impfrelevanten“ Erkrankung wie einer Lungenerkrankung immunisieren. Eine intensive Aufklärung ist aus Sicht der Forscher daher notwenig.
„Das Präventionspotenzial der Pneumokokken-Impfung bei Senioren wird zu wenig genutzt, aber regional unterschiedlich.“ So lautet das Fazit einer Studie von Wissenschaftlern des Versorgungsatlases. Bei ihrer Untersuchung werteten die Forscher die Behandlungsdaten von mehr als 500.000 gesetzlich Versicherten aus, die 2010 sechzig Jahre alt geworden waren. Das Team überprüfte, ob diese Menschen zwischen 2010 und 2014 die empfohlene Impfung gegen Pneumokokken erhalten haben.
Die Auswertung zeigt, dass am Ende des Beobachtungszeitraums im Jahr 2014 insgesamt nur 10,2% der Senioren in der untersuchten Gruppe gegen Pneumokokken geimpft war, Frauen mit 10,9 % etwas häufiger als Männer mit 9,3 %. Wie bei anderen Impfungen sind die Raten auch bei der Pneumokokken-Impfung in den neuen Bundesländern, mit 20 bis 25 % generell höher als die in den alten, mit knapp 5 bis 15 %. Am geringsten sind die Impfquoten im Süden und Südwesten der Republik: Baden-Württemberg mit 4,6 %, Rheinland-Pfalz mit 4,7 % und Bayern mit 5,7 %. Durchgängig höher lagen die Impfraten bei jenen Versicherten, bei denen im Laufe des Beobachtungszeitraums eine „impfrelevante“ Erkrankung diagnostiziert wurde, beispielsweise eine Lungenerkrankung. Kummulierte 5-Jahres-Impfraten bei Personen ab 60 Jahren in Prozent (Bild 1) Kummulierte 5-Jahres-Impfraten bei Personen mit einer impfrelevanten Erkrankung ab 60 Jahren in Prozent (Bild 2) © Versorgungsatlas Die Forscher fanden auch Unterschiede bei der Impfhäufigkeit zwischen Männer und Frauen. Auf Bundesebene hatten Frauen eine um knapp 20 % höhere Chance, im Untersuchungszeitraum geimpft zu werden als Männer.
Tritt eine chronische Erkrankung auf, verdoppelt sich die Chance der betroffen Patienten, eine Impfung zu erhalten. Liegt eine impfrelevante Erkrankung in dieser Altersgruppe vor, wirkt sich diese „doppelte Impfindikation“ positiv auf die Impfquote aus. Gründe für die geringen Impfquoten lassen sich aus der Datenanalyse nicht ableiten. Allerdings liefert die Analyse der Rahmenbedingungen einige Anhaltspunkte. Die eher niedrige Impfquote bei Menschen ohne impfrelevante Erkrankungen in dieser Altersgruppe, deutet darauf hin, dass das Alter für sich genommen eher als schwächerer „Risikofaktor“ eingeschätzt wird. Auch die komplexe Diskussion, welcher Impfstoff eingesetzt werden soll, könnte vielen Ärzte die Entscheidung erschweren. Nicht zuletzt geben in Einzelfällen auch die Leitlinien wissenschaftlicher Fachgesellschaften Empfehlungen zur Impfung, die teilweise von jenen der Ständigen Impfkommission (STIKO) abweichen. „Hier könnte eine noch engere Abstimmung der STIKO mit den medizinischen Fachgesellschaften hilfreich sein“, erklärt Dr. Jörg Bätzing-Feigenbaum, Leiter des Versorgungsatlas.
„Um die Impfraten zu verbessern, müssen die Zielgruppen intensiver über die Bedeutung dieser Schutzimpfung aufgeklärt werden“ , sagt Bätzing-Feigenbaum. „Dies dürfte am ehesten über die Ärzte gelingen, die den Gesundheitszustand ihrer Patienten sowie Notwendigkeit und Risiken einer Impfung am besten einschätzen können.“ Ebenso empfehlen die Wissenschaftler aufgrund der nahezu identischen Indikationen bei älteren Erwachsenen, die eine Influenza-Impfung erhalten, auch gleichzeitig den Status der Pneumokokken-Impfung abzufragen und falls indiziert die Impfung zu empfehlen. Originalpublikation: Pneumokokkenimpfung im Altersbereich 60 bis 64 Jahre - Analyse zur Umsetzung der STIKO-EmpfehlungenU. Bräter et al.; Versorgungsatlas, doi: 10.20364/VA-16.04; 2016