Vor einem halben Jahr kamen Probanden bei einer Studie des Arzneimittelherstellers Bial zu Schaden. Jetzt erklärt die Firma, ihren Wirkstoffkandidaten nicht weiterzuentwickeln. Aufgrund einer Neuzulassung will sie das düstere Kapitel schnell abschließen.
Am 7. Januar begann Biotrials, BIA 10-2474 bei gesunden Probanden zwischen 18 und 55 Jahren zu testen. Der FAAH-Hemmer von Bial-Portela & Ca. S.A., einem portugiesischen Konzern, sollte bei Stimmungsschwankungen, Angstgefühlen, aber auch bei motorischen Störungen durch neurodegenerative Erkrankungen helfen. Doch die Phase-I-Studie lief aus dem Ruder. Sechs Personen mussten aufgrund schwerwiegender Reaktionen stationär behandelt werden. Ein Studienteilnehmer überlebte nicht.
Umfangreiche Ermittlungen folgten. Schließlich präsentierte die Inspection Générale des Affaires Sociales (IGAS) ihre Ermittlungsergebnisse. „Der Bericht erklärt weder, wie es zu dem Unfall kommen konnte, noch, warum ein Teilnehmer der klinischen Studie gestorben ist“, schreibt Bial. Die Behörde fand keine Unstimmigkeiten bei der Zulassung. Sie bemängelte lediglich, Wissenschaftler hätten den Zwischenfall schneller melden und weitere Arzneistoffgaben stoppen müssen. Beides war erst mit Verzögerung geschehen. Kritik am Studienprotokoll weist der Konzern vehement zurück. Mehrere Wissenschaftler hatten sowohl die Dosis als auch zu geringe zeitliche Sicherheitsabstände kritisiert. Erste Ermittlungen der Staatsanwaltschaft brachten bislang ebenfalls keinen Erkenntnisgewinn. Als Vorwurf steht fahrlässige Tötung im Raum.
Jetzt gab Bial auf einer Pressekonferenz bekannt, BIA 10-2474 nicht mehr weiter zu untersuchen. Geschäftsführer António Portela sprach von „mehreren Millionen Euro“, die man bereits investiert habe. Auch er weist jede Schuld von sich. Man habe das Molekül „acht Jahre lang ohne Bekanntwerden auch nur eines Problems entwickelt“. Kopfschmerzen oder Sehstörungen seien vorher nicht bekannt gewesen. Zwei Untersuchungsberichte bewertete er als „ergebnislos“. Dass Portela jetzt mit Altlasten abschließt, erstaunt nicht wirklich. Im gleichen Atemzug stellte er Ongentys® (Opicapon) vor. Der COMT-Inhibitor wurde von der Europäischen Kommission zur Therapie von Parkinson im Endstadium zugelassen. Er wird in Kombination mit Levodopa und DOPA-Decarboxylase-Hemmern eingesetzt.