Für präzisere Aussagen über den Krankheitsverlauf von Diabetes Typ 1 bei Kindern untersuchten Forscher die Verhaltensmuster von Antikörpern binnen größerer Zeitspannen. Damit konnten die Experten den Zeitpunkt des Frühstadiums bereits vor Ausbruch der Erkrankung ermitteln.
Typ-1-Diabetes entwickelt sich in den meisten Fällen schon in den ersten Lebensjahren. Deshalb haben Wissenschaftler vom Institut für Diabetesforschung (IDF) am Helmholtz Zentrum München einen Test entwickelt, mit dem bereits aus einem Tropfen Blut nachgewiesen werden kann, ob entsprechende Antikörper vorhanden sind, die ein Frühstadium der Erkrankung kennzeichnen. „Zusätzlich kompliziert wird die Diagnose allerdings dadurch, dass es sich insgesamt um vier verschiedene Antikörper handelt“, erklärt Dr. Peter Achenbach, stellvertretender Leiter des IDF.
„Darüber hinaus sind nicht alle Antikörpertypen in der Phase der Krankheitsentwicklung permanent vertreten, sondern die einzelnen Antikörper verhalten sich dynamisch – sprich sie können auch kommen und gehen“, so Achenbach weiter. In der aktuellen Studie wollten die Wissenschaftler genau dieses komplexe Verhalten untersuchen und herausfinden, ob sich aus den jeweiligen Antikörperverläufen möglicherweise präzisere Aussagen herausfiltern lassen als bisher. Für ihre Analysen kooperierten die Forscher eng mit Experten der Abteilung Scientific Computing (ASC) und deren Leiter Dr. Wolfgang zu Castell. „Unser neuer Ansatz, Muster im Zeitverlauf zu analysieren, erlaubt es nicht nur festzustellen, ob die Antikörper da sind oder nicht, sondern auch, Verläufe verschiedener Antikörper zu beobachten und Kinder mit ähnlichen Profilen zu gruppieren und das dann mit der Krankheitsentstehung in Beziehung zu setzen“, beschreibt Erstautor Dr. David Endesfelder die Studie, in der die Forscher 88 Kinder untersuchten, die jeweils mehrere verschiedene Antikörper entwickelt hatten und im Rahmen der BABYDIAB-Studie über einen Zeitraum von bis zu 20 Jahren beobachtet wurden.
Durch die neuen Analysemethoden konnten die Forscher beispielsweise beschreiben, dass bei einigen Kindern, die aufgrund ihrer Antikörperkonstellation bisher zur Hochrisikogruppe für eine schnelle Krankheitsentwicklung gezählt wurden, erst mit deutlicher Verzögerung eine klinisch symptomatische Diabetes auftrat. „Das war sehr überraschend und zeigt uns, dass wir mit dem neuen Ansatz nicht nur Einsen und Nullen, also Antikörper vorhanden oder nicht vorhanden, unterscheiden, sondern dass wir beginnen, die verschiedenen Facetten der Entstehung von Typ-1-Diabetes auch im Detail immer besser zu verstehen“, so Achenbach. Künftig wollen die Forscher diese Analysen weiter vertiefen, um präzisere Aussagen zum Krankheitsverlauf, den zugrunde liegenden Faktoren und Mechanismen, aber auch zu möglichen Therapieaussichten wie etwa durch die vom IDF durchgeführte Insulinschluckimpfung für junge Risikopatienten, treffen zu können. Originalpublikation: A novel approach for the analysis of longitudinal profiles reveals delayed progression to type 1 diabetes in a subgroup of multiple-islet-autoantibody-positive children David Endesfelder et al.; Diabetologia, doi: 10.1007/s00125-016-4050-0; 2016