In Deutschland leiden rund zehn Prozent der Schulkinder und ein bis drei Prozent aller Erwachsenen an Neurodermitis. Laut einer neuen Studie könnten Bakterien als Badezusatz die Beschwerden abmildern. Wie aussagekräftig sind die Ergebnisse?
Bei Forschern steht das menschliche Mikrobiom hoch im Kurs. Fehlbesiedlungen im und auf dem menschlichen Körper werden mit zahlreichen Erkrankungen in Verbindung gebracht, etwa Diabetes, Adipositas, Asthma, Allergien oder Darmkrebs. Bei Darmerkrankungen werden Probiotika schon lange therapeutisch eingesetzt. Jetzt berichtet Professor Dr. Michaela Axt-Gadermann, Forscherin an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Coburg, über neue Einsatzmöglichkeiten. Ihrer Studie zufolge verbesserte sich das Hautbild bei atopischen Ekzemen (Neurodermitis) signifikant durch äußerlich angewandte Probiotika.
Für ihre Veröffentlichung rekrutierte Axt-Gadermann 30 Patienten mit Neurodermitis. Sie mussten alle wirkstoffhaltigen systemischen oder topischen Präparate eine Woche vor Studienbeginn absetzen. Im Untersuchungszeitraum selbst waren nur Basispflegeprodukte zulässig. Im Therapiearm nahmen Patienten 14 Tage lang einmal täglich Teilbäder mit Madena Darmkur®. Das Präparat enthält Lactobacillus plantarum, Lactobacillus gasseri, Lactobacillus rhamnosus, Lactobacillus casei, Bifidobacterium lactis und Bifidobacterium breve als Probiotika. Hinzu kommen die Präbiotika Inulin, Pektin und resistente Stärke (Nutriose®). Die Kombination aus Pro- und Präbiotika wird auch als Synbiotikum bezeichnet. Teilnehmer der Kontrollgruppe bekamen nur Natriumchlorid als „wahrscheinlich unwirksamem Zusatz“, wie Axt-Gadermann schreibt. Insgesamt schlossen 19 Patienten (3 Männer, 16 Frauen) im Verum-Arm und 11 Patienten (2 Männer, 9 Frauen) im Placebo-Arm die Studie ab. Die Forscherin fertigte zu Beginn, nach einer Woche und nach zwei Wochen Fotos der Hautläsionen an. Außerdem gaben die Teilnehmer auf einer Skala mit 0 bis 10 Punkten die Schweregrade folgender Parameter an: Der generelle Hautbefund, Pruritus, Trockenheit, Exkoriationen, die Bildung neuer Rhagaden sowie Einschränkungen im Alltag.
Nach Studienabschluss hatten sich die Parameter unter Verum signifikant verbessert, verglichen mit Placebo. Beim Hautbefund lagen die Unterschiede zwischen knapp 8 (Placebo) und 4 Punkten (Verum). Für den Juckreiz gaben Teilnehmer 7 versus 4 Punkte an. Und für Exkoriationen bzw. Rhagaden lag der Unterschied zwischen knapp 8 und knapp 4 Punkten auf dem Score. „Durch die Behandlung mit synbiotischen Bädern ließen sich für alle analysierten Symptome eines atopischen Ekzems in der Therapiegruppe hoch signifikante Verbesserungen sowohl vom Ausgangsbefund zum Ende der zweiten Woche als auch vom Ende der ersten Behandlungswoche bis zum Ende der zweiten Behandlungswoche feststellen“, fasst Axt-Gadermann im Paper zusammen. Bei „Einschränkung beim Gehen bzw. bei manueller Tätigkeit“ sei dies in der zweiten Woche der Fall gewesen.
Die Studie überrascht durch ihren Ansatz, probiotische Keime und präbiotische Moleküle äußerlich einzusetzen. Dennoch fallen bei kritischer Durchsicht mehrere Schwachpunkte auf:
Bleibt als Fazit: In unserem Mikrobiom stecken Potenziale. Die Studie kann zumindest als Hinweis auf topische Einsatzmöglichkeiten bei Neurodermitis gewertet werden. Bereits andere Studien mit ähnlich kleiner Probandenzahl hatten gezeigt, dass äußerlich angewendete Probiotika die Symptome eines atopischen Ezkems verbesserten. Aus Sicht der evidenzbasierten Medizin sind aber mehr herstellerunabhängige Studien mit größeren Patientenzahlen und mit einem längeren Follow-up notwendig, bis Ärzte eine klare Empfehlung aussprechen können.